Unterhauswahl in Großbritannien Corbyn fordert May zum Rücktritt auf

London · Die konservative Partei von Premierministerin Theresa May hat nach Angaben der BBC die absolute Mehrheit im britischen Unterhaus verloren. Oppositionsführer Corbyn forderte sie zum Rücktritt auf.

 Labour-Herausforderer Jeremy Corbyn.

Labour-Herausforderer Jeremy Corbyn.

Foto: ap, TH

Die Tories hatten am Freitagmorgen nach Auszählung fast aller 650 Wahlkreise dem Sender zufolge keine Chance mehr, die entscheidende Marke von 326 Sitzen zu knacken. Damit steht Großbritannien kurz vor Beginn der Brexit-Verhandlungen eine komplizierte Regierungsbildung bevor — entweder gibt es eine Minderheitsregierung, eine Koalition oder gar eine weitere Neuwahl.

Kommentatoren wiesen darauf hin, dass die Zahlen noch ungenau sein könnten und eine absolute Mehrheit noch möglich sei. Das amtliche Endergebnis wird am Freitagnachmittag veröffentlicht. Bislang hatten die Tories mit 330 Sitzen eine absolute Mehrheit im Unterhaus. Wenn sie diese tatsächlich einbüßen, könnten sie versuchen, eine Koalition zu bilden oder eine Minderheitsregierung zu stellen. Als Koalitionspartner stünden jedoch nur die Liberaldemokraten zur Verfügung. Die Partei bezog in der Vergangenheit deutlich gegen den Brexit Stellung.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn rief May zum Rücktritt auf. Sie habe Parlamentssitze, "Unterstützung und Vertrauen verloren", sagte der Labour-Chef am frühen Freitagmorgen. Die konservative Regierungschefin müsse abtreten und Platz machen für eine "wirklich repräsentative Regierung", fügte Corbyn hinzu, der im Wahlkreis Islington North sein Parlamentsmandat verteidigte.

May erklärte hingegen, Großbritannien brauche "eine Phase der Stabilität". Sollten sich die Prognosen bestätigten, sei es Aufgabe der Tories, "sicherzustellen, dass wir diese Phase der Stabilität haben". May wurde als Abgeordnete des Wahlkreises Maidenhead im südenglischen Berkshire wiedergewählt. Mit der Neuwahl hatte May eigentlich die Mehrheit der Konservativen deutlich ausbauen und sich Rückendeckung für die Verhandlungen über den EU-Austritt ihres Landes (Brexit) holen wollen.

Hat sich May verzockt?

 Die konservative Premierministerin Theresa May.

Die konservative Premierministerin Theresa May.

Foto: afp

Die Entscheidung zu Neuwahlen war zu einem Zeitpunkt gefallen, als Mays Tory-Partei in Umfragen deutlich vorn lag. In den jüngsten Umfragen konnte Labour-Chef Jeremy Corbyn allerdings immer weiter aufholen. Auf starke Kritik stießen zudem Mays Äußerungen, im Kampf gegen den Terror notfalls Bürger- und Menschenrechte einzuschränken.

Corbyn sprach mit seinem Wahlkampf vor allem jüngere Briten an. Der 68-Jährige setzte vornehmlich auf das Thema soziale Gerechtigkeit und kündigte Reformen im Gesundheitswesen an. Zudem versprach er eine Verstaatlichung der Bahn. Kritker hielten Corbyn allerdings vor, er verfüge nicht über die nötigen Macher-Qualitäten.

Die Briten wählten an diesem Donnerstag auch unter dem Eindruck der jüngsten Terroranschläge von Manchester und London. Zahlreiche Wahllokale standen unter verstärktem Polizeischutz.

(csi/wer/dpa/afp/REU)
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