Protestaktion im US-Kongress Demokraten wollen mit Sitzstreik schärferes Waffenrecht erzwingen

Washington · Dutzende Abgeordnete der Demokraten sind im US-Kongress in einen Sitzstreik getreten. Sie wollen eine Abstimmung über ein schärferes Waffenrecht erzwingen. Seit Stunden harren sie im Saal aus, es kam zu Tumulten.

Demokraten blockieren US-Kongress mit Sitzstreik
5 Bilder

Demokraten blockieren US-Kongress mit Sitzstreik

5 Bilder

Mehr als 200 demokratische Abgeordnete versuchen seit Mittwoch (Ortszeit), mit einer Sitzblockade ihre Forderung nach einem schärferen Waffenrecht durchzusetzen. Der Abgeordnete John Lewis sagte, einige Dutzend seiner Kollegen würden solange auf dem Boden sitzen bleiben, bis im Repräsentantenhaus eine Abstimmung über eine Gesetzesinitiative angesetzt sei.

Darin soll nach dem Willen der Demokraten festgelegt werden, dass jemand, der auf einer Terror- oder Flugverbotsliste geführt wird, keine Waffe kaufen darf. "Wie viele Mütter, wie viele Väter werden noch Tränen der Trauer vergießen müssen, bevor wir etwas tun?", sagte Lewis. Was habe der Kongress gegen solche Waffengewalt getan?, fragte der Abgeordnete, der die Protestler im Plenum anführte. "Nichts. Wir haben die Ohren vor dem Blut Unschuldiger verschlossen. Wir sind blind für eine Krise. Wo ist unser Mut?"

Der Ruf nach einer Verschärfung des Waffenrechts ist nach dem Attentat von Orlando, bei dem 49 Menschen erschossen wurden, wieder deutlich lauter geworden. Erst am Montagabend scheiterten mehrere Gesetzentwürfe für eine strengere Regelung im Senat — der anderen Kammer des Kongresses.

Den Demokraten gingen die Vorschläge der Republikaner nicht weit genug; die Konservativen kritisierten die Vorhaben der anderen Seite als zu strikt. Die Republikaner haben in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit.

Die Sitzblockade am Mittwoch begann gegen 11.25 Uhr (Ortszeit). Als der republikanische Vorsitzende der Kammer, Paul Ryan, trotz der Blockade im Plenum am Mittwochabend mit Hammerschlägen ein Votum über ein Arbeitsgesetz ausrufen wollte, kam es zu Tumulten: Die am Boden sitzenden Demokraten skandierten Parolen und übertönten Ryan. Er verließ das Podium schließlich unter Buhrufen der Protestler.

Während des Sit-Ins hielten die Abgeordneten Fotos von Opfern von Waffengewalt und Zettel mit deren Namen in die Höhe. Die demokratische Fraktionschefin Nancy Pelosi erklärte: "Unsere Abgeordneten haben sich auf dem Boden gesetzt, um dagegen zu protestieren, dass wir nicht mal eine Abstimmung abhalten können. Wir glauben nämlich, dass wir diese Abstimmung gewinnen würden."

Die Demonstranten forderten, die geplante Parlamentspause nächste Woche zu verschieben, damit über die Gesetzesinitiative abgestimmt werden könne.

Der Republikaner Ryan ließ über eine Sprecherin mitteilen, dass die Kammer nicht arbeiten könne, wenn Abgeordnete sich nicht an die Regeln hielten. Er selbst nannte den Protest später eine PR-Aktion. Den Demokraten gehe es nur um Schlagzeilen, sagte er dem Fernsehsender CNN.

Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama sagte, die Aktion der demokratischen Abgeordneten spiegele Frust und Ärger vieler Menschen über eine republikanische Blockadehaltung wider. Ihr Anliegen sei weder kontrovers noch radikal. Sie würden schlicht dafür werben, in überparteilichem Konsens über eine Politik abzustimmen, für die es im Land eine breite Mehrheit gebe. Obama bedankte sich via Twitter bei dem Abgeordneten Lewis für die Aktion.

Bei Twitter gibt es viel Lob für die Aktion:

Der Parlamentssender C-Span griff unterdessen zu einer ungewöhnlichen Maßnahme, um auf seinem Kanal Bilder von der Sitzblockade zu zeigen.
Der Sender hat selbst keine Kontrolle über seine Kameras, die von der Verwaltung des Repräsentantenhauses abgeschaltet wurden. C-Span zeigte deshalb Live-Streams, die die Abgeordneten mit ihren Handys machten.

(rent/dpa/ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort