Viktor Orban als "Stargast" CSU positioniert sich bei ihrer Klausur rechts außen

Kloster Seeon · Der ungarische Regierungschef Viktor Orban ist in der EU einer der härtesten Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik. Die CSU empfängt ihn dennoch - oder besser: gerade deswegen. Der Besuch ist auch eine Ansage an AfD-Sympathisanten.

 "Jahr der Wiederherstellung des Volkswillens": Seehofer, Orban, Dobrindt.

"Jahr der Wiederherstellung des Volkswillens": Seehofer, Orban, Dobrindt.

Foto: dpa, geb

Wenn der neue CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Jahresauftaktklausur seiner auf 46 Abgeordnete geschrumpfte Truppe im Kloster Seeon als "Gipfeltreffen der bürgerlich-konservativen Politik" inszeniert, dann will er dies auch mit der Auswahl seiner Gäste unterstreichen. Kiews Bürgermeister und Ex-Boxer Vitali Klitschko macht am Morgen den Anfang. Der Chef der ukrainischen Mitte-Rechts-Partei "Block Poroschenko" liefert den Gastgebern gleich ein wunderbares Stichwort: "Ohne Kampf kein Sieg."

 "Ohne Kampf keinen Sieg": Vitali Klitschko war am Morgen zu Gast bei der CSU.

"Ohne Kampf keinen Sieg": Vitali Klitschko war am Morgen zu Gast bei der CSU.

Foto: dpa, geb

Es ist für die CSU mal wieder ein Jahr des Kampfes. Es gilt mal wieder die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen im Herbst zu bekommen. Doch nach dem Ende des kräftezehrenden Machtkampfes um die Seehofer-Nachfolge sind die Werte gerade einmal von 38,5 Prozent bei den Bundestagswahlen auf 39,0 bei der Sonntagsfrage für Bayern gekrochen. Es bleibt also für CSU-Verhältnisse verheerend. Und noch verheerender für eine sich als Speerspitze bürgerlicher Empfindungen fühlende Partei ist das Dahinschleichen der Regierungsbildung in Berlin. Solche instabilen Verhältnisse mögen konservative Bürgerliche nicht.

Eine doppelte Funktion

Deshalb hat die Landesgruppenklausur dieses Mal eine doppelte Funktion. Einerseits bereitet sich die CSU im Bund auf die gleich an diesem Sonntag startenden Sondierungen einer Koalition mit CDU und SPD vor und signalisiert, "alles" dafür tun zu wollen, diese Regierung mit einer SPD zu Stande zu bringen, wenn diese sich vernünftig geriere. Wichtiger aber ist den Christsozialen, sich für ihre eigene Landtagswahl optimal aufzustellen. Dazu sendet Dobrindt mit dem zentralen Besucher der Klausur ein überdeutliches Signal: Rechts neben der CSU soll es auch weiterhin keine demokratisch legitimierte Kraft geben, allen Umfragewerten für die AfD zum Trotz. Dafür preist Dobrindt die Begegnung mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban über den grünen Klee ("außerordentlich erfolgreich") und lässt ihn vor den Medien zum verbalen Rundumschlag ausholen.

Orban würdigt die ungarisch-bayerischen Gemeinsamkeiten vom ersten ungarischen König (aus Bayern) "bis Audi". Zwar will er sich eigentlich "nicht in die deutsche Innenpolitik einmischen", gibt dann aber 2018 als das "Jahr der Wiederherstellung des Volkswillens" aus. Die Migrationsfrage habe zu einer Gefährdung der Demokratie geführt. Die Menschen wollten eben ohne Angst vor Terror und in gesicherten Grenzen leben. Deshalb müssten alle, die ohne Recht im Schengen-Raum leben, diesen wieder verlassen und außerhalb neu anfangen. Ungarn habe die Grenzen bereits mit einem Zaun gesichert, als an anderen Orten Europas noch "das Chaos gefeiert" worden sei.

Keine Kritik an Orban

Und auch jetzt beschreibt er sich selbst als Seehofers "Grenzschutzkapitän", denn die bayerische Südgrenze verlaufe an der serbisch-ungarischen Grenze. Intern, so verlautet es, üben die CSU-Abgeordneten massive Kritik an der ungarischen Weigerung, mehr bei der europäischen Flüchtlingsaufnahme zu schultern. Nach außen hin umschreiben beide Seiten das lediglich als "offenen und ehrlichen" Meinungsaustausch - und nehmen Orban, der im beginnenden ungarischen Wahlkampf mit etlichen Mitgliedern seines Kabinetts und seiner Partei- und Fraktionsspitze angereist ist, vor allen Angriffen in Schutz. Kein Wort zu den Eingriffen in die Presse- und Meinungsfreiheit.

"Lösung der Zukunftsfragen"

Auch Parteichef Seehofer hat keinen Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit von Orbans Politik, spricht von "Respekt und Freundschaft" und nennt Orban einen "Widerstandskämpfer", der mehrfach die Mehrheit in seinem Land errungen habe. Somit will die CSU in Kloster Seeon auch die eigene politische Verortung klarstellen. Wer den Rechtsaußen Europas an die Seite der CSU bindet, der will nicht in erster Linie die politische Mitte des liberalen Bürgertums in Deutschland erreichen, sondern macht damit auch eine Ansage an AfD-Wähler in Bayern. So wie Dobrindt zuvor auch schon mit seinem Anti-68er-Konzept einer bürgerlich-konservativen Wende, ja einer "konservativen Revolution", nach ganz rechts gegriffen hatte.

Seine Partei freue sich auf den weiteren Dialog mit Ungarn zur "Lösung der Zukunftsfragen", meint Seehofer abschließend und verkündet die Gründung eines Bündnisses mitteleuropäischer Staaten. "Ungarn wird dazugehören", unterstreicht der CSU-Chef. Fragen? Sind nicht zugelassen. "Damit ist die Pressekonferenz beendet", erklärt Seehofer stattdessen.

Ganz im ungarischen Stil.

(may-)
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