Diplomatische Annäherung USA will Kuba von der Liste der Terror-Staaten streichen

Washington/Havanna · Der nächste Schritt in der Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba deutet sich an: Der TV-Sender CNN berichtete am Dienstag, das US-Außenministerium werde in den kommenden ein oder zwei Tagen empfehlen, Kuba von der Liste der Staaten zu streichen, die den Terrorismus unterstützen.

Obama und Castro reichen sich die Hände
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Als Quelle wurde ein Mitarbeiter des Ministeriums genannt. Der Sprecher des US-Präsidialamts Josh Earnest erklärte dazu, eine abschließende Entscheidung über Kubas Status sei in den beiden kommenden Tagen nicht zu erwarten. Der Vorgang könne allerdings bald die nächste Stufe erreichen.

Wenn Barack Obama und Raul Castro am Wochenende erstmals seit dem Ende der amerikanisch-kubanischen Eiszeit aufeinandertreffen, wäre Washington gerne mit einer Erfolgsmeldung angereist. Die USA hofften, auf dem Amerika-Gipfel in Panama die Eröffnung einer Botschaft im sozialistischen Kuba zu verkünden und damit bei anderen linksregierten Nachbarn zu punkten. Doch der Zeitplan gerät durcheinander.

Vor allem sorgt nach Angaben aus Verhandlungskreisen für Streit, dass Kuba noch immer auf der US-Liste von Terrorunterstützern steht. Die USA ihrerseits fordern vorrangig die Aufhebung von Beschränkungen für ihre Diplomaten in Kuba. Auch wenn beide Seiten Zuversicht auf einen baldigen Durchbruch äußern, wird es bis zum Gipfel zu knapp.

"Sagen wir so: Es ist nicht viel Zeit", sagte US-Außenamtssprecherin Marie Harf dieser Tage diplomatisch auf die Frage, ob eine Einigung zu den Botschaften noch zu erwarten sei. Und der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, ergänzte am Montag: "Wenn ein Land im Grunde genommen über fünf Jahrzehnte hinweg von den USA geächtet wurde, dann dauert es einfach seine Zeit, bis wieder etwas Vertrauen aufgebaut ist."

Kurz vor Weihnachten, am 17. Dezember, hatten Obama und Castro die Welt mit der Botschaft überrascht, die mehr als ein halbes Jahrhundert währende politische Eiszeit hinter sich zu lassen und einen Neustart zu wagen. Dreimal sind Delegationen bisher zusammengekommen, um über die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zu sprechen. Eine Vollzugsmeldung hätte Washington auf dem Amerika-Gipfel Sympathien von links regierten Ländern sichern können, besonders nachdem neue US-Sanktionen gegen Mitglieder der venezolanischen Führung zu Protesten in der Region geführt hatten.

Es habe Fortschritte gegeben, verlautete zuletzt aus Verhandlungskreisen. Aber Ergebnisse gebe es noch keine. Die Hauptforderung Kubas ist die Streichung von der Liste der Terrorunterstützer - ein Erbe des Kalten Krieges. Die Auflistung verhindert Kuba weitgehend einen Zugang zum internationalen Finanzsystem, weil Banken vor Geschäften mit den aufgeführten Ländern zurückschrecken.

Washington hält die Vorwürfe, Kuba gewähre terroristischen Organisationen Unterschlupf, schon lange nicht mehr aufrecht. Und Obama hat im Dezember klargemacht, dass Kuba von der Liste gestrichen werden soll. Dafür muss der US-Präsident nach Regierungsangaben allerdings zuerst einen Bericht an den Kongress schicken, dass Kuba in den vergangenen sechs Monaten keinerlei Rückendeckung für den internationalen Terrorismus bot und den USA versichert, dies auch künftig nicht zu tun.

Aus Regierungskreisen in Havanna hieß es jetzt, Kuba sei noch nicht um eine öffentliche Erklärung gebeten worden. Mit den Verhandlungen vertraute US-Vertreter sagen dagegen, die Forderung nach einer solchen Versicherung habe Kuba zu einer Gegenanfrage veranlasst. Hintergrund seien Vorwürfe, dass die USA in der Vergangenheit terroristische Angriffe gegen Kuba unterstützten.

So zog sich die Spur zu den Urhebern eines Anschlags auf ein kubanisches Passagierflugzeug, bei dem 1976 mehr als 70 Menschen getötet wurden, bis in die USA. Für den Terrorakt wurden Exilkubaner mit Beziehungen zu kubanischen Regimegegnern verantwortlich gemacht, die die Unterstützung Washingtons genossen. Die mutmaßlichen Drahtzieher zogen sich nach Florida zurück. Einer der beiden, Luis Posada Carriles, lebt dort noch heute.

Um von der US-Terrorliste gestrichen zu werden, soll Kuba laut Verhandlungskreisen offenbar auch noch einer weiteren Forderung nachkommen: dass die amerikanischen Diplomaten in Havanna die gleichen Freiheiten besitzen wie ihre Kollegen aus anderen Ländern auch. Bislang müssen es sich die US-Amerikaner von der kubanischen Regierung genehmigen lassen, wenn sie die Hauptstadt verlassen wollen. Und Kubaner, die die amerikanische Vertretung besuchen wollen, müssen sich registrieren lassen. Washington macht geltend, dass so Dissidenten davon abgehalten werden sollen, mit US-Vertretern in Kontakt zu kommen.

Für Barack Obama bleibt die Annäherung unterdessen ein Drahtseilakt. Zwar kann der US-Kongress, in dem die oppositionellen Republikaner die Mehrheit haben, auf Dauer eine Streichung Kubas von der Terrorliste nicht blockieren. Doch jedes Zugeständnis an den einstigen Erzfeind muss Obama öffentlich verteidigen. Und vor der Präsidentschaftswahl 2016 haben zumindest zwei führende Republikaner schon entschlossenen Widerstand angekündigt: Ted Cruz und Marco Rubio verfügen über familiäre Verbindungen nach Kuba und sind klar gegen eine Normalisierung der Beziehungen.

(ap)
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