US-Außenpolitik Hillary, die Hardlinerin

Washington · Im Gegensatz zum amtierenden US-Präsidenten Barack Obama spielt für Hillary Clinton Amerika noch immer die alte, herausragende Rolle in der Welt. Die US-Außenpolitik sähe unter ihrer Präsidentschaft anders aus.

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Die politische Karriere von Hillary Clinton

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Foto: afp, LARRY DOWNING

Angenommen, die Meinungsforscher liegen richtig und Hillary Clinton wird am 8. November zur Präsidentin gewählt: Für die Außenpolitik der USA bedeutet es eine markante Akzentverschiebung. Nicht, dass die Weltmacht zurückkehren würde zur burschikosen Hybris eines George W. Bush. Doch die realpolitische Vorsicht, die zum Markenzeichen Barack Obamas geworden ist, dürfte einer robusteren, offensiveren Strategie weichen.

Während es zu Obamas inneren Überzeugungen gehört, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg allzu oft mit einem Fiasko endete, wenn sein Land militärisch intervenierte, sieht es Clinton eher durch die rosarote Brille. In der Bilanz, glaubt sie, bewirkt amerikanisches Eingreifen häufiger Gutes, als dass es Schaden anrichtet. Während Obama dem Credo des "American Exceptionalism" mit tiefer Skepsis begegnet, lässt sie keinen Zweifel daran, dass sie im Innersten ihres Herzens an die Ausnahmestellung Amerikas in der Welt glaubt. Und als Obama seine weltpolitische Philosophie auf den saloppen Satz brachte, dass man keinen Mist bauen dürfe, als er davor warnte, sich in neue, die Kräfte des Landes überfordernde Konflikte zu stürzen, begann sie öffentlich auf Distanz zu ihm zu gehen. "Große Nationen brauchen Leitprinzipien", entgegnete Clinton ihrem Parteifreund. Keinen Mist bauen zu wollen, sei kein Leitprinzip.

Scharfe Töne in Richtung Moskau

An Indizien für eine Kursänderung fehlt es nicht, weder an aktuellen noch an solchen, die sich in den zwölf Jahren sammeln ließen, in denen Hillary in Washington Politik machte, erst als Senatorin, dann als Chefdiplomatin. Da sind, so viel zum Aktuellen, ihre Wortduelle mit Donald Trump. Während der Baulöwe Wladimir Putin als starken Mann bewundert, porträtiert sie den Herrscher im Kreml als Amerikas neuen, alten Erzfeind. Als ob das wirtschaftlich malade Russland und nicht China auf absehbare Zeit der Hauptrivale der USA wäre. Dass es angeblich russische Hacker waren, die Wikileaks brisante E-Mails zuspielten, zuletzt die digitale Korrespondenz des Clinton-Vertrauten John Podesta, ist in ihren Worten nicht nur unbestrittener Fakt, sondern von Putin persönlich beauftragt worden. Der ehemalige KGB-Spion, polemisiert sie, wolle die Wahl beeinflussen, weil er auf eine Marionette namens Trump hoffe. Derart scharfe Töne an die Adresse Moskaus waren zuletzt zu hören, als Ronald Reagan die Sowjetunion das "Reich des Bösen" nannte.

Dann wäre da ihre Parlamentsbiografie. Im Oktober 2002 ermächtigte sie Bush, im Konflikt mit dem Irak bewaffnete Gewalt anzuwenden. Sie war eine von 77 Senatoren, Teil einer Dreiviertelmehrheit im US-Senat, die Bush de facto grünes Licht für einen Einmarsch gaben. Dass er den Angriff befehlen würde, ohne geduldig den Weg über die UNO zu gehen, habe sie nicht erwartet, versuchte sie, ihre Kritiker im Nachhinein zu beschwichtigen. So sehr das nach einer Ausrede klingt, in der Causa Irak war Hillary nur eine von vielen im Lager der Falken. Aufschlussreicher ist, wie sie sich als Chefin des State Department positionierte. Ob Syrien, Libyen oder Afghanistan: Wann immer das Kabinett Obama über akute Krisenfälle debattierte, gehörte sie zu den Hardlinern. Wobei es zu simpel wäre, zu behaupten, Hillary komme vom Mars und Barack von der Venus, relativiert der "New-York-Times"-Journalist Mark Landler in "Alter Egos", einem Buch über die Arbeitsbeziehung zwischen den beiden. In vielen Punkten herrsche Einigkeit: Beide gäben der Diplomatie den Vorrang, beide schmiedeten lieber Allianzen, statt es wie Bush im Alleingang zu wagen.

Hillary setzte sich gegen Obama durch

Allerdings lasse Clinton eher die Bereitschaft erkennen, in kühlem, pragmatischem Kalkül militärische Macht einzusetzen. Es war Hillary, die Obama, den Abwartenden, dazu drängte, 2011 in Libyen zu intervenieren, um den Diktator Muammar al Gaddafi zu stürzen. Damals ließ er sich überreden, heute spricht er von einem Fehler. Es war die Außenministerin, die forderte, die Moderaten unter den syrischen Rebellen zu bewaffnen, während der Präsident ein Szenario fürchtete, bei dem sich sein Land erneut in den Fallstricken eines nahöstlichen Bürgerkriegs verheddern würde.

Aufschlussreich auch, welch scharfe Töne Hillary Clinton anschlug, als Russland im September 2015 Luftangriffe in Syrien zu fliegen begann. Es klang, als ginge der Kalte Krieg in seine nächste Runde. Die amerikanischen Russland-Experten, die dachten, mit dem Fall der Berliner Mauer habe sich ihre Arbeit erledigt, würden jetzt hoffentlich ihre Akten entstauben, sagte Clinton. Sie müssten dringend einen Schlachtplan entwerfen, "wie wir die russische Aggression in Europa und darüber hinaus eindämmen und abschrecken können".

(RP)
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