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Hillary Clinton im Porträt Die Königin der Hausaufgaben

Washington · Im Gegensatz zum amtierenden US-Präsidenten Barack Obama spielt für Hillary Clinton Amerika noch immer die alte, herausragende Rolle in der Welt. Die US-Außenpolitik sähe unter ihrer Präsidentschaft anders aus.

Hillary Clinton – US-Präsidentschaftskandidatin 2016
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Das ist Hillary Clinton

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Foto: afp, js

Es war am Abend eines schwülen Julitages, als Jerry Emmett den großen Bogen der Geschichte skizzierte. In Philadelphia verkündeten Sprecher der 50 Bundesstaaten ihre Kandidaten. Für Arizona trat Emmett ans Mikrofon, geboren 1914, sechs Jahre bevor Frauen in den USA zum ersten Mal wählen durften: Er kündigte Hillary Clinton als Kandidatin an.

"Und 51 Stimmen für die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika, Hillary Rodham Clinton", rief Jerry Emmett mit heiserer Stimme und sah lächelnd zu, wie jubelnde Delegierte zwischen den Stuhlreihen tanzten.

In dem Augenblick war so etwas wie der Hauch der Geschichte zu spüren. Der hochemotionale Auftritt einer Zeitzeugin, die schon lebte, als die Suffragetten noch für das Frauenwahlrecht kämpften, er machte eindrücklich klar, welchen Meilenstein das Land am 8. November passieren könnte. Acht Jahre nach dem ersten Schwarzen im Weißen Haus die erste Madame President: Das Merkwürdige ist nur, dass das Historische im Wahlkampf Hillary Clintons allenfalls am Rande Erwähnung findet.

Vielleicht liegt es daran, dass ihr große Worte einfach nicht liegen. Barack Obama sprach von "Hope" und "Change", Ronald Reagan vom "Morgen in Amerika", ihr Mann Bill von der "Brücke ins 21. Jahrhundert". Sie schmiede lieber Pläne, hat Hillary kürzlich vor Wählern in New Hampshire gesagt. "Vielleicht ist das so eine Frauensache, weil wir Frauen gern Listen anlegen. Ja, das tun wir, wir schreiben auf, was wir uns vorgenommen haben, und streichen durch, was wir im Laufe des Tages erledigen."

Maureen Dowd, die bissigste Kolumnistin der "New York Times", nennt Hillary in einem launigen Buch über die Wahlschlacht die Königin der Hausaufgaben. Es ist wohl die Wahrheit und nicht kokettiert, wenn sie selber über sich sagt, in all den Jahren im Dienste der Öffentlichkeit sei ihr das Dienen immer leichter gefallen als die Öffentlichkeitsarbeit.

Dabei hat sie immer wieder Geschichte geschrieben, das erste Mal 1969, auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs. Am Wellesley College, einer elitären Hochschule am Rande Bostons, hielt sie bei der feierlichen Zeugnisübergabe eine viel beachtete Rede. Spontan antwortete sie auf ihren Vorredner, einen republikanischen Senator, der den "Protestzwang" jener Epoche kritisiert hatte. Ihre Generation habe die Pflicht zur Kritik und zum konstruktiven Protest, hielt sie ihm entgegen. Das Magazin "Life" widmete Hillary Rodham einen Bericht, es war die erste Sprosse auf der Leiter zum Ruhm.

Später war sie die erste Frau, die der Bundesstaat New York in den Senat nach Washington schickte. Sie war die erste Frau, die eine offene Vorwahl in einem US-Staat für sich entschied. Als sie 2008 im parteiinternen Duell Obama den Vortritt lassen musste, prägte sie das Bild von der gläsernen Decke, die Frauen den Zugang nach ganz oben versperre, die aber nun, gemäß der Zahl ihrer Wähler, 18 Millionen Risse bekommen habe.

Dass acht Jahre darauf nichts zu spüren ist von Idealismus oder Aufbruchsstimmung, liegt vornehmlich an Donald Trump, der aus dem Wahlkampf eine vulgäre Reality-Show machte. Es liegt aber auch an Hillarys Schwäche, einer Mischung aus Misstrauen und Geheimniskrämerei. Im kleinen Kreis, bezeugen ihre Freunde, kann sie warmherzig, charmant und humorvoll sein. Festgesetzt hat sich das Image einer Kontrollbesessenen, die kühl ist, defensiv und berechnend.

Clinton-Biografen haben aufgezeigt, wo Ursachen dafür zu suchen sind. 1993, sie bastelte im Auftrag ihres Mannes Bill an einer Gesundheitsreform, tauchten auf Kundgebungen ihrer Gegner Plakate auf, auf denen "Heil Hillary!" stand. Es ging nicht allein um die Reform, es ging auch um die Rolle, die sie in der Politik spielte und die nicht dem entsprach, was sich in Traditionen gefangene Männer unter einer First Lady vorstellten.

Als Bill Clinton, wenige Monate bevor er 1992 die Wahl gewann, wegen einer seiner vielen Frauengeschichten in Erklärungsnot geriet und sie ihn in einem sorgfältig arrangierten Fernsehinterview verteidigte, sagte sie einen Satz, den ihr das konservative Amerika bis heute verübelt: "Wissen Sie, ich sitze nicht hier, um wie eine kleine Frau zu ihrem Mann zu stehen, so wie Tammy Wynette". "Stand by your man", sang die Country-Sängerin, während Hillary betonte, dass es eben auch politische Projekte waren, die sie mit Bill verbanden. Auf gleicher Augenhöhe.

David Maraniss, einer der großen alten Reporter der USA, hat in einem kürzlich vom Netzwerk PBS ausgestrahlten Dokumentarfilm von einer Art progressivem Sendungsbewusstsein gesprochen. "Der Zweck heiligt die Mittel, denn wir stehen auf der richtigen Seite der Barrikade", charakterisierte er das Credo des Paars. Wer die beiden kritisiere, attackiere nach dieser Logik nur ihre noblen Absichten.

Als der von den Republikanern dominierte Kongressausschuss, der den Tod von vier Amerikanern im libyschen Bengasi untersuchte, eher zufällig auf den privaten Server stieß, den die Außenministerin Clinton auch für dienstliche E-Mails nutzte, verschanzte sie sich erneut im Bunker der Selbstgerechtigkeit. Und gab immer nur das zu, was nicht mehr zu leugnen war, statt von Anfang an mit offenen Karten zu spielen. Auch deshalb ist der Mangel an Glaubwürdigkeit heute ihr größtes Problem.

Schließlich die Nähe zum großen Geld, auch das entpuppt sich als ihre Achillesferse. Nach ihrem Ausscheiden aus dem State Department hielt sie unter anderem drei Reden vor Bankern von Goldman Sachs, jeweils vergütet mit 225.000 Dollar, dem Vierfachen des Jahreseinkommens einer amerikanischen Durchschnittsfamilie.

Allein zwischen 2007 und 2015 haben Bill und Hillary 139 Millionen Dollar verdient. Warum sie nicht auf die Bremse trat? Die Buchautorin Dowd hat sich in launigen Zeilen an einer Antwort versucht. Hillary, schreibt sie, vergleiche sich offenbar mit einer Bischöfin, die glaube, sich ein Leben auf dem Niveau ihrer wohlhabenden Gemeindemitglieder verdient zu haben — "dafür, dass sie sich Gott und guten Taten verschreibt".

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