US-Präsidentschaftswahl Trump wütet gegen die eigene Partei

Washington · Der konservative US-Präsidentschaftskandidat gerät mit den republikanischen Granden in Konflikt. Sie haben sich wegen des Sexismus-Skandals von Donald Trump abgewandt. Die Taktik der verbrannten Erde stürzt beide Seiten ins Dilemma.

 Donald Trump auf Konfrontationskurs

Donald Trump auf Konfrontationskurs

Foto: afp, gi

Der Riss scheint sich nicht mehr kitten zu lassen. Donald Trump hat namhaften Parteigrößen der Republikaner den Fehdehandschuh hingeworfen, nachdem sie sich im Wirbel um ein schockierendes Video von ihm abgewandt hatten. Zugleich kündigte er an, in der Endrunde des Wahlkampfs mit noch härteren Bandagen zu kämpfen, in der Rolle des Rebellen, der es mit den Etablierten aufnimmt.

Eine Kostprobe lieferte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Florida: Wenn seine demokratische Rivalin Hillary Clinton Präsidentin werden sollte, würde die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die USA übernehmen, sagte er. Die IS-Kämpfer würden hoffen und beten, dass Clinton die Wahl gewinne. Dann würden sie "dieses Land übernehmen, sie werden diesen Teil der Welt übernehmen". Details? Fehlanzeige.

Zuvor schon hatte Trump in einem trotzigen Tweet gewettert: Endlich könne er alle Fesseln abstreifen, schrieb er. Illoyale Republikaner, schob er hinterher, seien noch viel schlimmer als Clinton, die "betrügerische Hillary". Mit etlichen dieser Leute würde er gewiss nicht in einem Fuchsbau sitzen wollen, wetterte er später bei Fox News, dem Haussender der Konservativen. Besonders gelte das für Paul Ryan: Der Mann sei übersensibel, "schon wenn du niest, meldet er sich zu Wort und erklärt, das sei eine schreckliche Sache".

 Wer unterstützt Trump noch?

Wer unterstützt Trump noch?

Foto: Weber

In Wahrheit muss es für den Milliardär ein schwerer Schlag gewesen sein, als der Sprecher des Repräsentantenhauses, im Jahr 2020 ein möglicher Anwärter fürs Weiße Haus, nach monatelangem Schlingerkurs auf Distanz zu ihm ging. Nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem Trump davon sprach, Frauen an die Genitalien zu fassen, zog Ryan die Notbremse und erklärte, nicht mehr für den Kandidaten seiner Partei werben zu wollen. Damit ist er einer von vielen: Mehr als 160 prominente Republikaner verweigern Trump nunmehr öffentlich die Unterstützung. Vorneweg John McCain, der altgediente Senator, dem ausgerechnet Trump daraufhin vorwarf, sich einer vulgären Sprache zu bedienen.

Wahlkampf auf eigene Faust

Manche, die auf dem Nominierungskonvent im Juli noch den schönen Schein gewahrt und sich mit dem selbstverliebten Unternehmer arrangiert hatten, treten nunmehr die Flucht nach vorn an. Sie trennen sich von einem Kandidaten, von dem sie nicht mehr glauben, dass er am 8. November gewinnen kann.

In einer repräsentativen Umfrage von "Wall Street Journal" und NBC News liegt Trump um neun Prozent hinter Clinton. Vor allem bei Wählern mit College-Abschluss, sonst in ihrer Mehrheit eine sichere Bank für die Republikaner, hat er im Zuge des Videoskandals Federn gelassen. Und wie er mit der Taktik der verbrannten Erde, der er sich nunmehr zu verschreiben scheint, im Bildungsmilieu punkten will, bleibt sein Geheimnis.

Letzten Endes aber stürzt der offene Clinch beide Seiten ins Dilemma, sowohl den Milliardär als auch das Establishment der Konservativen. Dort, wo ihm die Parteiprominenz die kalte Schulter zeigt, wird Trump auf eigene Faust Wahlkampf machen müssen, ohne sich auf lokale Strukturen verlassen zu können. Möglicherweise hat es zur Folge, dass Clinton in Bundesstaaten siegt, in denen die Demokraten in aller Regel auf verlorenem Posten stehen. Arizona, stramm konservatives Terrain, von McCain im US-Senat vertreten, gilt als Paradebeispiel dafür.

"Ich wünschte, wir hätten einen besseren Bewerber"

Andererseits kann es sich die Parteielite nicht leisten, jene Teile der Basis zu verprellen, die Trump unbeirrt die Treue halten. Schickt sie den Populisten in die Wüste, muss sie damit rechnen, dass sich dessen wütende Anhänger rächen und republikanischen Bewerbern für Senat oder Abgeordnetenhaus ihre Stimme verweigern.

Die Folge ist ein Spagat, wie ihn etwa Marco Rubio versucht, der noch vor acht Monaten als Favorit für die Kandidatenkrone gehandelte Senator aus Miami. "Ich wünschte, wir hätten einen besseren Bewerber", sagt der 45-Jährige, "aber ich will nicht, dass Hillary Clinton Präsidentin wird." Ergo nehme er seine Empfehlung für Trump nicht zurück.

Es gibt ohnehin nichts, was die verzweifelte Führung der "Grand Old Party" tun könnte, um den Schaden noch zu begrenzen. Zum einen haben die Großspender keinen Einfluss auf einen Mann, der nicht angewiesen ist auf ihre Finanzspritzen, zumal er sich auf eine große Zahl von Kleinspendern stützen kann. Zum anderen sind Karriere-Erwägungen, wie sie Leute wie Ryan umtreiben, Donald Trump herzlich egal. Mit 70 Jahren wird er sich kaum den Kopf darüber zerbrechen, was heutige Ausrutscher für künftige Wahlkämpfe bedeuten.

(her)
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