Berlin Auf den Schock folgt der Vorsatz, aus Wahl zu lernen

Berlin · Reaktionen auf die US-Entscheidung für Trump.

Was für Ungarns Regierungschef Viktor Orban "großartige Nachrichten" aus den USA waren und in Deutschland AfD-Chefin Frauke Petry "Mut für Deutschland und Europa" machte, wirkte für die meisten anderen Spitzenpolitiker wie ein Schock. Doch dann folgten vor allem zwei Reaktionen: verhaltene Glückwünsche und dann die Mahnung, dass Populismus nicht nur in den USA siegen könne.

"Weitsicht, Mut zum Ausgleich, eine glückliche Hand und Gottes Segen", wünschte CSU-Chef Horst Seehofer dem Wahlsieger. Und auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wiederholte die Attacken auf den "Hassprediger" Trump aus der Wahlkampfzeit nicht mehr. "Wir haben das Ergebnis zu akzeptieren und akzeptieren es", sagte er nun. Gleichwohl wollte er auch "nichts schönreden". Nichts werde einfacher, vieles schwieriger werden. Um sich auf die neue Situation einstellen zu können, regte Steinmeier ein Sondertreffen der Außenminister der EU an.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte mehr europäische Verantwortung in der Verteidigungspolitik - "bis hin zum Ziel der Einrichtung einer europäischen Armee". Unabhängig vom Wahlausgang müsse man sich von der Vorstellung verabschieden, die Amerikaner seien für die Sicherheit Europas zuständig. "Das müssen wir schon selbst tun", sagte Juncker am Mittwochabend in Berlin.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz griff eine Äußerung von US-Präsident Barack Obama auf und meinte, die Welt werde "nicht untergehen", wenn Trump seine Präsidentschaft antrete. Auch ein "ausgewiesener Populist" müsse sich an die Verfassung halten. Zudem habe es die Welt nun nicht mehr mit einem Wahlkämpfer, sondern mit einem gewählten Präsidenten zu tun, dem man eine "Chance geben" müsse, erklärte der SPD-Politiker.

Justizminister Heiko Maas (SPD) sah den Ausgang der US-Wahl auch als "bittere Warnung" für Deutschland und Europa. "Wir müssen die Ursachen für Angst, Hass und Abschottung noch entschlossener bekämpfen", sagte der Minister unserer Redaktion. Es gehe darum, die Abstiegsängste der Mittelschicht ernst zu nehmen, mehr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu tun und die Globalisierung sozial verträglich zu gestalten.

Für CDU-Vize Armin Laschet zeigt Trumps Erfolg vor allem, "wie wichtig es ist, dass die Politik das Ohr bei den Bürgern hat, direkt und unmittelbar". Laschet sieht als Konsequenz aus der US-Entscheidung: "Den Menschen zuhören, Links- und Rechtspopulisten entlarven und Probleme lösen, statt die Gesellschaft zu spalten."

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete Trump als "Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationalen". Diese sei mit Putin, Erdogan in der Türkei, Le Pen in Frankreich, Kaczynski in Polen, Wilders in den Niederlanden und der AfD in Deutschland zu finden.

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht durch den Erfolg von Trump die "Welt aus den Fugen". Für Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist der Wahlausgang am Tag des deutschen Mauerfalls die "Mahnung, entschieden für Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit einzutreten".

(may-/qua)
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