Donald Trump Zwei Minuten Demut

Davenport · Donald Trump hatte sich diesen Abend sicherlich anders vorgestellt: Bei den US-Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner in Iowa musste sich der Milliardär seinem texanischen Konkurrenten Ted Cruz geschlagen geben. Zum ersten Mal übte sich Trump in Bescheidenheit. Wenn auch nur für zwei Minuten.

Donald Trump musste in Iowa eine Niederlage einstecken.

Donald Trump musste in Iowa eine Niederlage einstecken.

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Donald Trump steht im Ballsaal des flaggengeschmückten Sheraton-Hotels in Des Moines und bemüht sich um etwas, was ihm nicht liegt. Um Demut, Bescheidenheit, leise Töne. Als die Stunde der Wahrheit schlägt, sagt er mit scheinfröhlicher Miene: "Ich bin Zweiter geworden. Ich fühle mich geehrt, wirklich geehrt."

In Wahrheit ist sein Traum, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, an diesem Abend ein Stück in die Ferne gerückt. 24 Prozent der Stimmen hat Trump in Iowa bekommen, er landet auf dem zweiten Platz hinter Ted Cruz, dem Tea-Party-Aushängeschild aus Texas. Denkbar knapp, viel knapper als prognostiziert, liegt er vor dem Drittplatzierten, Marco Rubio, dem aufstrebenden Senator aus Miami.

Vielleicht hat sich gerächt, dass er vor Monaten auch die Bewohner des "Hawkeye State" zur Zielscheibe rhetorischer Rüpeleien machte. "Wie dumm sind die Leute in Iowa?", fragte er, als der mittlerweile abgedriftete Herzchirurg Ben Carson noch der Liebling der lokalen Parteibasis war. Jetzt macht er einen Rückzieher, für seine Verhältnisse ist es fast ein Kniefall, nur kommt er zu spät. Er liebe Iowa, er komme wieder, flötet Trump, "vielleicht kaufe ich mir hier mal eine Farm."

Es ist allein schon die untypisch bescheidene Pose, die deutlich macht, was für eine Schlappe der selbstverliebte Unternehmer einstecken muss. Programme ersetzt er ja durch den Slogan, dass Amerika endlich wieder gewinnen werde, wenn er erst im Weißen Haus residiere, allein schon, weil er viel vom Gewinnen verstehe. Nun hat er gleich zum Auftakt der Vorwahlen verloren. Es scheint, als sei es bereits der Anfang vom Ende des Siegeszugs des Trumpismus, der die Ängste der Wähler - vor sozialem Abstieg, vor Terroristen, vor unkontrollierter Einwanderung über die Südgrenze - aufgegriffen und auf eine Weise verstärkt hat, dass die Vereinigten Staaten bisweilen an die Verunsicherten Staaten von Amerika denken lassen.

Cruz feiert sich mit den Worten, dass dies der Erfolg einer mächtig anschwellenden Graswurzelbewegung sei. Der Harvard-Jurist hat wie kein Zweiter um die Gunst evangelikaler Christen gebuhlt, bisweilen im Ton eines Predigers, der vor dem Jüngsten Gericht warnt. In einer Kirche in der Nähe des Mississippi, der Adventure Community Church in Davenport, stand er am Sonntag unter einem gewaltigen Sternenbanner und sprach in dramatischen Metaphern vom vermeintlichen Niedergang der USA. "Wir stehen am Rand einer Klippe und starren in die Tiefe. Wenn wir nicht umkehren, stürzen wir das grandioseste Land der Welt in den Ruin." In der Botschaft ein Trump, im Stil ein Priester, wenn auch einer in Jeans mit texanisch breiter Gürtelschnalle.

Der wahre Sieger bei den Konservativen ist Marco Rubio, kubanischstämmig wie Cruz, nur deutlich optimistischer. Er klingt wie der Barack Obama des Jahres 2008, wie der unterschätzte Newcomer, der es den alten Seilschaften nun zeigt. "Sie sagten, ich hätte keine Chance, denn mein Haar sei nicht grau genug und die Absätze meiner Schuhe seien zu hoch", sagt er mit einem Seitenhieb gegen Rivalen, die ihn seines modischen Schuhwerks wegen als Salonlöwen madig zu machen versuchten.

Ted Cruz – ehemaliger US-Präsidentschafts-Kandidat
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"Sie sagten, ich sollte mich in die Reihe stellen und warten, bis ich dran wäre." Bei den Demokraten ist es Bernie Sanders, der linke Senatsveteran aus Vermont, der de facto triumphiert, auch wenn er sich Hillary Clinton nominell mit hauchdünnem Abstand geschlagen geben muss. "Leute, seid ihr bereit für eine total radikale Idee?", spielt er ironisch schmunzelnd auf sein Leitthema an. "Wollt ihr eine Wirtschaft aufbauen, die für arbeitende Familien funktioniert, nicht nur für die Milliardärsklasse?"

Doch es ist die Entzauberung Trumps, die alles in den Schatten stellt. Am Montagabend hatte sie sich bereits im Kleinen abgezeichnet, bei einem Caucus im Hyvee Center, einer Shopping-Mall in Davenport. Draußen Leuchtreklame für Fernseher und Bud-light-Bier, drinnen ein Organisator, der improvisieren muss. Eine Viertelstunde vor Beginn ahnt Scott Lindholm, der ortsansässige Republikaner, der das Procedere im Wahlkreis 84 leitet, dass der Andrang alle Rekorde brechen wird. Mit 125 Wählern, maximal, hatte er gerechnet, Wählern, von denen sich etliche alle vier Jahre neu entscheiden, bei welcher Partei sie votieren. 199 werden es schließlich sein. Die vorbereiteten Stimmzettel reichen nicht, sodass eilends große Bögen pinkfarbener Pappe zu handlichen Kärtchen zerschnitten werden, Stimmzettel aus Verlegenheit.

Bevor es ans Wählen geht, darf ein letztes Mal geworben werden, freilich nicht länger als zwei Minuten pro Rede und Kandidat. Ein Teenager mit Pubertätspickeln, der eine kleine Laudatio auf Donald Trump hält, hört sich an wie ein gelehriger Schüler des Immobilienmoguls. "Trump, das steht für großartigen Kapitalismus. Und das ist es, wohin unser Land zurückfinden muss." Ein Versicherungsmakler bricht eine Lanze für Rubio, den er mit Ronald Reagan vergleicht. "Jemand muss uns Amerikaner wieder zusammenbringen. Reagan ist das mit seinem Optimismus gelungen, und Rubio wird es auch gelingen." Für Jeb Bush legt sich eine Frau aus der Hotelbranche ins Zeug, Susan McKinley aus Tallahassee. "Wer einen Berufsredner braucht, der soll einen Berufsredner bestellen, die Burschen kann man bekanntlich buchen. Jeb steht für Handlungsanleitungen, nicht für Wortgirlanden." Nach knapp zwei Stunden steht das Resultat fest. Rubio gewinnt mit 80 Stimmen, Trump (34) wird Dritter, Bush (11) Fünfter. Im gesamten Bundesstaat kommt der Mann, auf dessen Postern nur ein knappes "Jeb!" steht, auf gerade mal drei Prozent. 5235 Iowans geben ihm den Zuschlag. Einst der Favorit, ist er der fast schon bemitleidete Verlierer.

Donald Trump und Co. – Promis in der Politik
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Als er an den Start ging, stritt die amerikanische Republik noch darüber, ob sich die Macht politischer Dynastien mit ihrem Gründungscredo vertrage, ob schon deshalb besser kein dritter Bush im Oval Office sitzen sollte. In der Wahlnacht stellt sich die Frage, wann der dritte Bush das Handtuch wirft. Tags zuvor hatte der Ex-Gouverneur Floridas in der Elk's Lodge, einem Clubhaus in Davenport, noch engelsgeduldig jeden Selfie-Wunsch mit ihm, dem Kandidaten, erfüllt. An die hundert Menschen haben sich in gediegenem Ledersesselambiente versammelt, und während er den Saal durchquert, schüttelt er jedem, wirklich jedem, die Hand. Ein Vietnam-Veteran erzählt von seiner Zeit als Kriegsgefangener. Jemand will von Bush, dem Sohn des 41. und Bruder des 43. US-Präsidenten wissen, ob er im Falle eines Wahlsiegs auch den Nahverkehr für Veteranen kostenfrei machen werde. Das tue ihm sehr leid, sagt der Kandidat nun, aber das könne er nicht, das sei Sache der lokalen Verwaltung. Auch er tönt, verspricht, redet mit wildfremden Menschen, als seien es alte Freunde. Wahlkampf eben. Nur manchmal, wie im Falle der kostenlosen Fahrscheine, sagt er offen und ehrlich, dass auch ein US-Präsident nicht allmächtig ist. Da wirkt er wie der Anti-Trump. Der hätte auf eine solche Frage vielleicht geantwortet, dass unter ihm alles großartig werde.

Im Sheraton hat Trump seine Schlappe nach zwei Redeminuten verbal abgehakt, in der dritten klingt er schon wieder so großspurig wie eh und je. "Es gibt da diese brandaktuelle Umfrage", sagt er. "Nach der liege ich mit 28 Punkten Vorsprung vor allen anderen."

(FH)
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