Syrien US-Diplomaten fordern Militärschläge gegen Assad

Washington · Angesichts der anhaltenden Gewalt im Bürgerkriegsland Syrien regt sich im US-Außenministerium Widerstand gegen die Strategie der eigenen Regierung. Der Druck auf US-Präsident Obama wird stärker.

 Assad bei einem Auftritt im syrischen Parlament Anfang Juni

Assad bei einem Auftritt im syrischen Parlament Anfang Juni

Foto: dpa, nm gd

Dutzende Diplomaten fordern laut US-Medienberichten in einer Protestnote den Einsatz von Raketen, Drohnen und notfalls auch der US-Luftwaffe gegen syrische Regierungstruppen. Außenamtssprecher John Kirby bestätigte in Washington, eine Gruppe von Diplomaten habe die Syrien-Strategie in einer Protestnote kritisiert. Zum genauen Inhalt wollte sich das Außenministerium nicht äußern. Die Note, die über einen eigens für die Formulierung abweichender Meinungen eingerichteten Ministeriumskanal übermittelt wurde, müsse noch geprüft werden.

US-Medien berichteten, dass die unzufriedenen Diplomaten den direkten Einsatz des US-Militärs gegen die Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad fordern. Laut "New York Times" schlagen die Verfasser den Einsatz von Raketen, Drohnen und notfalls auch der US-Luftwaffe gegen Assads Truppen vor. Dies könne Bewegung in den festgefahrenen Konflikt bringen, der bereits seit mehr als fünf Jahren wütet. Das "Wall Street Journal" berichtete, die Note sei von 51 Diplomaten des mittleren bis gehobenen Dienstes unterzeichnet worden.

US-Präsident Barack Obama will die US-Streitkräfte aus Konflikten im Nahen Osten möglichst heraushalten. Die USA unterstützen einige Rebellengruppen militärisch - aber nicht im Kampf gegen Assad, sondern gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Es erscheint unwahrscheinlich, dass Obama seine Strategie sieben Monate vor seinem Amtsende grundlegend ändert. Er setzt vielmehr darauf, gemeinsam mit Russland - das an Assads Seite als Kriegspartei in Syrien aktiv ist - auf einen Waffenstillstand hinzuarbeiten und den Konflikt durch diplomatische Gespräche zu lösen. Diese Bemühungen scheinen derzeit aber auf der Stelle zu treten.

Der russische Vize-Außenminister Michail Bogdanow warnte laut Nachrichtenagentur Interfax, die von den Diplomaten geforderten Maßnahmen widersprächen UN-Resolutionen. Nötig sei "eine politische Lösung auf Grundlage des internationalen Rechts". Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte, ein militärischer Sturz Assads würde die Lage nur verschlimmern. "Das würde die ganze Region ins Chaos stürzen", erklärte er der Agentur Interfax zufolge. Russland ist der wichtigste Verbündete der syrischen Regierung.

Wie fragil die Zusammenarbeit der USA und Russlands in Syrien ist, zeigt auch die Kritik des State Department an einem Angriff der russischen Luftwaffe auf Rebellen in Syrien, die dort mit Unterstützung der USA gegen radikale Islamisten kämpfen. Der Luftangriff bereite "ernsthafte Sorgen in Hinblick auf die Absichten Russlands", sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums. "Wir verlangen von Russland eine Erklärung für dieses Vorgehen und eine Zusicherung, dass so etwas nicht mehr geschieht."

Nach Angaben des Ministeriumsvertreters flog die russische Luftwaffe am Donnerstag "eine Serie von Angriffen" auf Rebellen, die in der Region um Al-Tanaf gegen den IS kämpfen. Darunter seien auch "Personen, die von den USA Unterstützung erhielten".

Die gut vernetzte, oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Angaben von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen sind, teilte mit, bei dem Luftangriff in Al-Tanaf in der Provinz Homs seien ein Syrer und ein Iraker getötet worden. Ein Treffen zur Koordinierung des Kampfes gegen den IS in Syrien und im Irak sei angegriffen worden. Dies sei nicht der erste russische Angriff auf US-unterstützte Rebellen in Syrien gewesen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die russische Armee habe keine Angriffe auf Oppositionskräfte verübt, die an der im Februar ausgerufenen Waffenruhe beteiligt sind.

(crwo/afp/dpa)
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