Machtkampf in der Ukraine Poroschenko entlässt einflussreichen Gouverneur

Kiew · In der Ukraine tobt ein Machtkampf um die Kontrolle über den staatlichen Öl- und Gaskonzern "UkrNafta". In der vergangenen Woche wurde die Konzernzentrale von bewaffneten Männern besetzt. Auftraggeber soll Oligarch Igor Kolomoiski sein.

 Poroschenko enthob Igor Kolomoiski seines Postens.

Poroschenko enthob Igor Kolomoiski seines Postens.

Foto: dpa, tha hpl

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat einen der umstrittensten Industriemagnaten vom Posten des Gouverneurs der Region Dnipropetrowsk enthoben. Der Staatschef - selbst ein milliardenschwerer Oligarch - habe das Rücktrittsgesuch von Igor Kolomoiski angenommen, teilte das Präsidentenbüro am Mittwoch mit. Hintergrund ist ein interner Machtkampf zwischen den mächtigen Oligarchen des Landes sowie ein Streit um die Kontrolle über den staatlichen Öl- und Gaskonzern "UkrNafta".

Das Parlament hatte in der vergangenen Woche für ein neues Gesetz gestimmt, das die staatliche Kontrolle über öffentliche Unternehmen erhöhen soll. Kolomoiski hält 43 Prozent an UkrNafta. Mit dem Gesetz wäre seine Position in dem Konzern geschwächt worden. Offenbar aus Protest gegen das neue Gesetz besetzten bewaffnete und maskierte Männer anschließend die Firmenzentrale von "UkrNafta" und der Tochtergesellschaft "UkrTransNafta2. Sie werden verdächtigt, im Auftrag Kolomoiskis gehandelt zu haben. Der Oligarch soll auch über die Entlassung seines Verbündeten Alexander Lasorko verärgert gewesen sein. Lasorko hatte den Chefposten bei "UkrTransNafta" inne.

Kolomoiski kam als Gouverneur von Dnipropetrowsk eine wichtige Rolle im Konflikt in der Ostukraine inne. Die Region Dnipropetrowsk grenzt an die umkämpften Gebiete im Osten des Landes an. Kolomoiski hatte gleich zu Beginn des Konflikts sein Eintreten für eine vereinte Ukraine bekräftigt und ist mitverantwortlich dafür, dass die prorussischen Separatisten nicht weiter vorrückten. Kolomoiski baute mehrere Milizengruppen auf, die an der Seite der Regierungstruppen kämpfen, um Dnipropetrowsk vor einer Einnahme durch die Rebellen zu bewahren.

"Der Raum Dnipropetrowsk sollte eine Bastion der Ukraine im Osten sein, die den Frieden und die Ruhe der Bürger schützt", sagte Poroschenko bei dem Treffen mit dem Milliardär. Die Absetzung des Gouverneurs löste angesichts der Machtkämpfe in Kiew ein innenpolitisches Erdbeben aus. Mehrere von Kolomoiskis Gefolgsleuten in Dnipropetrowsk und in Kiew verließen ihre Posten, darunter auch Parlamentsabgeordnete im Poroschenko-Block.

Kolomoiski und seine Anhänger hatten die ukrainische Regierung zuletzt mehrfach kritisiert und die angekündigten Reformen angemahnt. Kolomoiski hatte sich etwa für eine Dezentralisierung der in Kiew gebündelten Machtbefugnisse eingesetzt. In Kiew löste aber zuletzt Befremden aus, dass sich der "Beschützer der Ostukraine" und "Kämpfer gegen Übergriffe Russlands" für einen Dialog mit den Aufständischen im Donbass aussprach. So sieht es ein am 12. Februar in Minsk vereinbarter Friedensplan für das Kriegsgebiet vor.

Mögliche Absprache Poroschenkos und Kolomoiskis

Möglicherweise hätten sich Poroschenko und Kolomoiski darauf geeinigt, dass sich der Oligarch aus der Politik verabschiede, meinte der Kiewer Politologe Wadim Karassjow. Im Gegenzug könne er Garantien für den Schutz seiner Wirtschaftsinteressen erhalten. Andere Experten sahen in dem offen ausgetragenen Konflikt einen Beleg für Machtkämpfe der Eliten und einen "Krieg der Oligarchen". Sie meinten, dass Poroschenko sich nun eine neue feindliche Front geschaffen habe.

Unter scharfer Kritik Russlands hatte der Präsident den Milliardär nach dem Machtwechsel in Kiew im vergangenen Jahr als Statthalter in dem ostukrainischen Gebiet eingesetzt. Der Gouverneur hatte dort verhindert, dass sich die russisch geprägte Region Dnipropetrowsk - wie die benachbarten Gebiete Luhansk und Donezk - abspaltet. Dazu hatte Kolomoiski auch von ihm privat finanzierte Hundertschaften eingesetzt.

Die Privatarmeen in der Ukraine geraten zunehmend in die Kritik, weil sie nicht auf das Kommando der Machtzentrale in Kiew hören. Poroschenko kündigte nun die Entwaffnung und Abschaffung dieser Einheiten an - wie von Russland seit langem gefordert. Russland ermittelt gegen Kolomoiski unter anderem wegen organisierter Verbrechen, Mordes und des Einsatzes unerlaubter Waffen im Kriegsgebiet Donbass. Die ukrainische Geheimdienst SBU lastet Kolomoiskis Truppen den Tod eines seiner Aufklärer an.

(AFP/dpa)
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