Telefonat mit Poroschenko Merkel erwartet rasche Fortschritte nach Regierungswechsel in Kiew

Paris · Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Staatschef François Hollande erwarten von der neuen ukrainischen Regierung unter Ministerpräsident Wladimir Groisman schnellere Reformen und weitere Bemühungen für den Friedensprozess in der Ostukraine.

 Wolodymyr Hrojsman ist der neue Ministerpräsident der Ukraine.

Wolodymyr Hrojsman ist der neue Ministerpräsident der Ukraine.

Foto: ap

Wie die Bundesregierung am Freitag mitteilte, appellierten beide in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an Kiew, "den eingeschlagenen Reformkurs entschlossen fortzusetzen und zu beschleunigen, um das Land zu modernisieren, die Korruption zu bekämpfen und die Justiz zu reformieren".

Notwendig seien auch "schnelle Fortschritte" bei der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens vom Februar 2015 zum Konflikt in der Ostukraine, erklärte der Elysée-Palast nach dem Telefonat. Im Vordergrund müssten dabei die "Sicherung des Waffenstillstands sowie Fortschritte insbesondere bei der Gesetzgebung für die Wahlen im Donbass" stehen, hieß es in Berlin und Paris.

Der prowestliche Groisman war am Donnerstag zum neuen ukrainischen Regierungschef gewählt worden. Er folgt auf Arseni Jazenjuk, der am Sonntag seinen Rücktritt verkündet und damit die Konsequenzen aus einer monatelangen Regierungskrise gezogen hatte. Groisman ist mit 38 Jahren der jüngste Regierungschef in der Geschichte der Ukraine. Der Schützling von Poroschenko strebt eine enge Bindung der Ukraine an die EU an.

Poroschenko forderte die westlichen Regierungen in dem Telefonat auf, "ihren Druck auf Russland im Hinblick auf den Waffenstillstand zu verstärken". Wie das ukrainische Präsidialamt hinzufügte, forderte Poroschenko als Vorbedingung für Wahlen in der Ostukraine die "Stationierung einer internationalen Polizeimission im Konfliktgebiet". In der Ostukraine kämpfen Regierungstruppen gegen prorussische Rebellen.

Die drei Politiker sprachen Kiew zufolge auch über die Verschlechterung des Gesundheitszustands der ukrainischen Kampfpilotin Nadja Sawtschenko und forderten die russische Führung auf, "sie umgehend freizulassen". Die in Russland zu 22 Jahren Lagerhaft verurteilte Ukrainerin befindet sich aus Protest gegen ihre Inhaftierung in einem Hunger- und Durststreik.

Ein russisches Gericht hatte das ehemalige Mitglied des ultrarechten Freiwilligenbataillons Ajdar im März wegen eines tödlichen Angriffs auf zwei russische Journalisten in der Ostukraine für schuldig befunden. Sawtschenko soll im Sommer 2014 der ukrainischen Armee den Aufenthaltsort der beiden Reporter mitgeteilt haben, woraufhin diese durch Granatbeschuss getötet wurden.

Sawtschenko weist sämtliche gegen sie erhobenen Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Kiew bemüht sich seit Sawtschenkos Verurteilung um einen Gefangenenaustausch. Der Kreml erklärte am Donnerstag erstmals, dass entsprechende Verhandlungen mit der ukrainischen Seite im Gange seien.

In dem Konflikt zwischen dem ukrainischen Militär und prorussischen Rebellen im Osten des Landes wurden nach UN-Angaben seit April 2014 mehr als 9200 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Kiew und der Westen werfen Moskau vor, die Rebellen direkt militärisch zu unterstützen, was der Kreml bestreitet. Trotz der von Frankreich und Deutschland vermittelten Minsker Friedensvereinbarung schwelt der Konflikt weiter.

(AFP)
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