Nach Abschuss durch die Türkei Putin schützt Kampfjets jetzt mit Luftabwehrraketen

Moskau · Nach dem Abschuss durch die Türkei sollen russische Kampfjets auch durch einen Raketenkreuzer geschützt werden. Der überlebende Pilot behauptet indes in einem Interview, er sei von den Türken nie gewarnt worden. Ein weiterer Zwischenfall könnte auch für die Nato heikel werden.

Putin während einer Videokonferenz mit Top-Militärs am Dienstag.

Putin während einer Videokonferenz mit Top-Militärs am Dienstag.

Foto: ap

Russlands Präsident Wladimir Putin rüstet auf. Am Mittwoch ordnete er die Verlegung hochmoderner Luftabwehrraketen auf den russischen Stützpunkt Hemeimim in Syrien an, nur 50 Kilometer südlich der türkischen Grenze. Die Türkei versuchte hingegen, die Wogen zu glätten. Präsident Recep Tayyip Erdogan versicherte, sein Land setze auf "Frieden, Dialog und Diplomatie".

Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte, Moskau habe nicht die Absicht, mit der Türkei in einen Krieg einzutreten. Den Zwischenfall bezeichnete er allerdings als geplante Provokation und kündigte die Überprüfung der Beziehungen beider Länder an. Die anti-türkische Stimmung war am Mittwoch auch an der Botschaft des Landes in Moskau zu spüren. Dort flogen Steine und Eier. Russische Abgeordnete forderten einen Wirtschaftsboykott gegen türkische Unternehmen.

Nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu wurde ein Raketenkreuzer näher an die Küste verlegt. "Er wird bereit sein, jedes Ziel in der Luft zu zerstören, dass eine potenzielle Gefahr für unsere Flugzeuge darstellt", sagte er. Russische Bomber sollen zudem von nun an immer von Kampfjets begleitet werden.

Kernstück der russischen Aufrüstung sind aber die S-400-Abwehrraketen auf der Basis Hemeimim. Sie gelten als sehr präzise und könnte türkische Kampfjets treffen bis in einer Entfernung von 400 Kilometern treffen. Sollte dies geschehen, sähe sich die Nato wohl gezwungen, für ihr Mitgliedsland Türkei in die Bresche zu springen.

Die Türkei hatte das russische Flugzeug am Dienstag abgeschossen, weil sie ihren Luftraum verletzt sah. Die Regierung erklärte in einem Brief an die Vereinten Nationen, insgesamt seien zwei russische Maschinen vom Typ SU-24 in türkischen Luftraum eingedrungen, und zwar in eine Tiefe von bis zu 1,36 Meilen und für eine Dauer von 17 Sekunden. Beide Maschinen hätten Warnungen missachtet. Eine sei dann abgedreht. Die andere sei von türkischen F-16-Kampfjets abgeschossen worden und auf der syrischen Seite der Grenze abgestürzt.

Russland versichert hingegen, der türkische Luftraum sei nicht verletzt worden. Die abgeschossene Maschine sei stets über syrischem Gebiet geflogen. Die beiden Piloten waren mit Fallschirmen abgesprungen. Einer soll durch Beschuss vom Boden getötet worden sein. Der zweite Pilot wurde gerettet und auf den russischen Stützpunkt Hemeimim in Syrien gebracht. Dem russischen Fernsehen sagte er von dort aus, es habe keinerlei Warnungen von türkischen Flugzeugen gegeben. Die Türkei reagierte bereits und veröffentlichte einen Tonmitschnitt, der die Warnungen dokumentieren soll.

Neben dem türkischen Präsidenten setzte auch sein Regierungschef Ahmet Davutoglu auf Deeskalation. Russland sei ein "Freund und Nachbar" und die guten Beziehungen dürften nicht "Kommunikationsunfällen" geopfert werden. Außenminister Mevlüt Cavusoglu ließ mitteilen, er habe mit Lawrow telefoniert und ein Treffen für die kommenden Tage vereinbart. Lawrow stritt das allerdings ab.

Insgesamt macht der Zwischenfall die Lage im syrischen Krisengebiet aber noch schwieriger. Russland fliegt seit Ende September Luftangriffe in Syrien, um die Truppen von Präsident Baschar al-Assad im Bürgerkrieg zu unterstützen. Ein Bündnis unter Führung der USA fliegt Luftangriffe auf den sogenannten Islamischen Staat. Frankreich hatte gehofft, beide Seiten zum gemeinsamen Vorgehen zu überreden, um den IS zu besiegen.

(ap)
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