Massaker an Armeniern Türkei ruft Botschafter aus USA zurück

Washington/Ankara (RPO). Mit der Einstufung der türkischen Massaker an den Armeniern als "Völkermord" hat ein US-Kongressausschuss heftige Proteste in der Türkei ausgelöst. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu forderte die Regierung von US-Präsident Barack Obama am Freitag auf, die Armenien-Resolution zu blockieren, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht zu gefährden. Zuvor hatte Ankara bereits den türkischen Botschafter in Washington abberufen.

 In dieser historischen Aufnahme von 1915 sind türkischen Soldaten neben exekutierten Armeniern zu sehen.

In dieser historischen Aufnahme von 1915 sind türkischen Soldaten neben exekutierten Armeniern zu sehen.

Foto: AFP

Der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses hatte am Donnerstag trotz Warnungen der US-Regierung mit einer knappen Mehrheit von 23 zu 22 Stimmen für die Resolution gestimmt, welche die Massaker als "Völkermord" einstuft. In der nicht-bindenden Erklärung fordern die Abgeordneten Präsident Obama auf, die "systematische und vorsätzliche Auslöschung von 1,5 Millionen Armeniern klar als Völkermord zu qualifizieren". Außerdem solle er sicherstellen, dass die Erinnerung an die Ereignisse im Ersten Weltkrieg Teil der US-Außenpolitik sei.

Das Votum könnte den Weg zu einer Plenarabstimmung im Repräsentantenhaus freimachen. Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, das Massaker als Völkermord einstufen zu wollen. Dieser Zusage kam er bislang allerdings nicht nach.

Massaker im 1. Weltkrieg

Die Türkei und Armenien streiten seit Jahrzehnten über den Umgang mit den Massakern und Vertreibungen im Osmanischen Reich, bei denen zwischen 1915 und 1917 nach armenischen Angaben mehr als 1,5 Millionen Armenier getötet wurden. Die Türkei spricht von 250. 000 bis 500.000 armenischen Todesopfern und lehnt die Einstufung der Verbrechen als Völkermord ab. Ankara argumentiert, dass die Armenier damals den Kriegsgegner Russland unterstützt und ihrerseits zehntausende Türken getötet hätten.

"Wir verurteilen diese Resolution", erklärte die Regierung in Ankara. Das türkische Volk werde darin eines Verbrechens beschuldigt, das es nicht begangen habe. Präsident Abdullah Gül warnte in einer Erklärung vor möglichen Folgen der Resolution für die Beziehungen zu den USA und der weiteren Annäherung zwischen der Türkei und Armenien. Mit dieser Begründung hatte auch das US-Außenministerium von einer Verabschiedung des Textes abgeraten.

Der türkische Außenminister Davutoglu zeigte sich "ernsthaft beunruhigt" und warf der US-Regierung vor, nicht genug gegen die Verabschiedung der Resolution getan zu haben. Nun müsse sie "wirksamere Anstrengungen" unternehmen, um eine Abstimmung im Repräsentantenhaus zu verhindern. Die Beratungen mit dem türkischen Botschafter könnten "lange dauern", sagte er.

Armenien zufrieden

Das Nachbarland Armenien begrüßte dagegen das Ausschuss-Votum. Außenminister Eduard Nalbandian bezeichnete es in einer Erklärung als "wichtigen Schritt", um Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Zukunft zu verhindern.

Im US-Kongress gibt es seit Jahren Bestrebungen, die Massaker an den Armeniern als Völkermord anzuerkennen. Der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses hatte bereits 2007 eine ähnliche Resolution verabschiedet. Aus Sorge, der NATO-Partner Ankara könnte Washington den Zugang zu einem wichtigen Luftwaffenstützpunkt verwehren, verhinderte der damalige US-Präsident George W. Bush damals eine Plenarabstimmung. Im Jahr 2000 war bereits sein Vorgänger Bill Clinton gegen eine Armenien-Resolution eingeschritten.

(afp/felt)
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