Nach Aufhebung der Immunität Türkei leitet erste Strafverfolgungen Abgeordneter ein
Istanbul · Das türkische Justizministerium hat die Strafverfolgung der ersten 57 Parlamentsabgeordneten in die Wege geleitet. Die Vorwürfe reichen von Beleidigung des Präsidenten über Korruption bis zu Unterstützung von Terrorismus.
Justizminister Bekir Bozdag sagte am Freitag, insgesamt könnten bis zu 152 Parlamentarier angeklagt werden. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte erst Anfang der Woche eine Verfassungsänderung unterzeichnet, die es ermöglicht, die Immunität ganzer Gruppen von Parlamentariern aufzuheben.
Erdogan, der die Änderung vorangetrieben hatte, fordert insbesondere Strafprozesse gegen Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP, die seiner Meinung nach Terroristen unterstützen. Der HDP gehören auch die meisten Mandatsträger an, die vor Gericht gestellt werden sollen. Betroffen sind aber auch Mitglieder von Erdogans AKP.
Kritiker sehen in dem Vorgehen einen Versuch, die Parlamentsmehrheit so zu verändern, dass die von Erdogan geforderte Verfassungsänderung möglich wird, mit der er die Macht des Präsidenten ausbauen möchte. Derzeit haben die Erdogan-Anhänger im 550 Sitze großen Parlament dafür zu wenig Stimmen.