32 Tote in Suruc Vieles spricht für einen Anschlag des IS

Suruc · Nach dem Selbstmordanschlag in der türkischen Grenzstadt Suruc hat die Polizei einen Verdächtigen identifiziert. Vieles spricht dafür, dass der Islamische Staat hinter der Attacke steckt. Die Zahl der Todesopfer stieg auf 32.

 Ministerpräsident Ahmet Davutoglu besucht Überlebende des Anschlags.

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu besucht Überlebende des Anschlags.

Foto: afp, ADM/GBA

Das teilte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Dienstag in Sanliurfa unweit des Anschlagsortes mit. Mögliche Verbindungen ins In- und Ausland würden zwar noch geprüft, es handle sich aber mit "größter Wahrscheinlichkeit" um einen Anschlag der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Sollte sich dies bewahrheiten, wäre es der erste IS-Anschlag in der Türkei.

Bei dem Anschlag auf ein Kulturzentrum in Suruc waren am Montag mehr als 30 Menschen getötet worden. Nach Angaben von Davutoglu stieg die Zahl der Todesopfer inzwischen auf 32. Knapp 30 der rund hundert Verletzten lagen demnach am Dienstag noch im Krankenhaus. Zusammen mit seiner Frau Sare besuchte Davutoglu einige von ihnen. Bei einer Trauerfeier im nahegelegenen Gaziantep klammerten sich trauernde Angehörige in erschütternden Szenen an die Särge der Todesopfer, die in verschiedenen türkischen Städten beigesetzt werden sollen.

In Medienberichten war zunächst die Rede davon gewesen, dass es sich bei dem Selbstmordattentäter um eine Frau gehandelt haben könnte. Die Nachrichtenagentur Diha berichtete jedoch, der Täter sei ein 20-jähriger Türke gewesen, der sich vor zwei Monaten dem IS angeschlossen habe. Davutoglu wollte keine näheren Details nennen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach Davutoglu in einem Telegramm ihr Beileid aus. Bundespräsident Joachim Gauck schrieb an seinen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan, er sei zutiefst bestürzt über den "menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag".

Zu dem Anti-IS-Treffen, auf das der Anschlag verübt wurde, hatten sich in Suruc rund 300 linksgerichtete und prokurdische Teilnehmer versammelt, die meisten von ihnen Studenten. Sie hatten vor, den Wiederaufbau der kurdischen Stadt Kobane zu unterstützen, die auf der syrischen Seite der Grenze liegt und durch wiederholte IS-Attacken weitgehend zerstört wurde.

In Suruc befindet sich zudem eines der größten Flüchtlingslager für Syrer, die vor den Kämpfen in ihrem Land flohen. In dem im Januar eröffneten Camp leben rund 35.000 Flüchtlinge. Insgesamt flohen seit dem Beginn des Bürgerkriegs vor vier Jahren 1,8 Millionen Menschen aus Syrien in die Türkei. Die beiden Länder haben eine 911 Kilometer lange gemeinsame Grenze.

Der Westen warf Ankara wiederholt vor, die Grenze nicht genügend zu schützen und so Dschihadisten die Einreise nach Syrien zu ermöglichen. Die türkische Zeitung "Hürriyet" berichtete am Dienstag, der türkische Geheimdienst habe die Regierung erst kürzlich gewarnt, dass sieben IS-Mitglieder, darunter drei Frauen, in den vergangenen Wochen über die Grenze gekommen seien und Anschläge planten. Zuletzt hatte die Türkei allerdings ihre Kontrollen an Flughäfen und auch direkt an der Grenze verschärft.

Davutoglu kündigte für Mittwoch eine Sondersitzung des Kabinetts an. Beraten werden soll demnach über einen Aktionsplan, der unter anderem "neue Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze" vorsieht.

Kobane war im vergangenen Jahr monatelang Schauplatz heftiger Kämpfe, nachdem der IS dort eingerückt war. Im Januar zwangen kurdische Kämpfer mit Unterstützung von US-geführten Luftangriffen die IS-Kämpfer zum Rückzug. Ende Juni startete der IS eine neue Offensive, wurde aber nach nur zwei Tagen wieder vertrieben.

Die Türkei beteiligt sich bislang nicht an den Luftangriffen gegen den IS und will vor allem die Gründung eines Kurdenstaats im Norden Syriens verhindern. Im Oktober waren bei landesweiten Protesten gegen die türkische Syrien-Politik dutzende Menschen getötet worden.

Am Montagabend gingen in der Türkei erneut hunderte Menschen auf die Straße. In Istanbul setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Die Kurdenpartei HDP rief für das Wochenende zu einer Großdemonstration gegen "IS-Barbarei" in Istanbul auf.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort