Treffen mit Kim Jong Un? Donald Trump gibt der Welt wieder mal ein Rätsel auf

Washington · US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Angebot, Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zu treffen, einmal mehr Unruhe im politischen Establishment der Vereinigen Staaten ausgelöst. Asienexperten sehen in dem Vorstoß einen Versuch, die Lage zu entspannen.

War es ein peinlicher Ausrutscher? Oder ein gelungener Überraschungscoup? Oder einfach nur das Statement eines Mannes, der gern für Schlagzeilen sorgt? Seit Donald Trump seine Bereitschaft zu einem Gipfel mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un erkennen ließ, debattiert die amerikanische Politik über Sinn oder Unsinn der Offerte.

"Wenn es für mich angebracht wäre, ihn zu treffen, würde ich es durchaus tun, es wäre mir eine Ehre", hatte der US-Präsident am Montag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg erklärt. "Die meisten politischen Leute würden das niemals sagen, aber ich sage Ihnen, unter den richtigen Umständen würde ich ihn treffen." Zwar bemühte sich sein Sprecher hinterher, die Aussage zu relativieren. Bevor eine solche Begegnung überhaupt möglich sei, müsste Nordkorea ernsthaft an die Verschrottung seines Atomwaffenarsenals denken, und derzeit lasse sich nichts dergleichen erkennen, sagte Sprecher Sean Spicer. Es ändert nichts am Wirbel, den der Vorstoß ausgelöst hat.

Trump, so sehen es Asienexperten in Washington, wollte einen Versuchsballon steigen lassen, um Kim inmitten der Krise ein Stück Zuckerbrot in Aussicht zu stellen, statt ihn mit der Peitsche vollends in die Ecke zu drängen. Zudem spielt er schon deswegen mit dem Gedanken an einen Tabubruch, weil er Tabubrüche zu seinem Markenzeichen erhebt. In der jüngeren Geschichte haben amerikanische Präsidenten noch nie einen nordkoreanischen Machthaber getroffen, jedenfalls nicht, solange sie im Amt waren.

Sowohl Jimmy Carter als auch Bill Clinton flogen zwar auf Vermittlungsmission nach Pjöngjang, allerdings hatten beide das Oval Office zu diesem Zeitpunkt längst verlassen. Trump riskiere eine unangemessene Aufwertung des Autokraten, warnt Christopher Hill, ein ehemaliger Botschafter der USA in Seoul. Kim Jong Un wäre wahrscheinlich entzückt, stünde er bei einem solchen Gipfel im Rampenlicht - der Führer einer neuen Atommacht neben dem höchsten Repräsentanten der ältesten.

Andererseits war es Trump, der mit riskanten Schritten und unbedachten Kommentaren dazu beitrug, die Spannungen in Ostasien anzuheizen. Mit seiner Billigung stationierte die US-Armee ein Raketenabwehrsystem in Südkorea, worin China eine Provokation sieht. Dann wieder forderte er die Regierung in Seoul auf, eine Milliarde Dollar für das System zu bezahlen, nur um es kurz darauf zurückzunehmen. Notorische Sprunghaftigkeit, verbale Volten: Manchen lässt es die Frage stellen, ob die Idee eines Treffens mit Kim auch nur eine bald vergessene Episode ist.

Dass er Gesprächsfäden knüpfen wolle, hatte der Immobilienmilliardär allerdings schon im Wahlkampf betont. Er würde gern einen Hamburger mit Kim essen, hieß es damals. Ein wenig erinnerte es an Barack Obama, der 2007 mit dem Versprechen ins Kandidatenrennen ging, den Dialog mit Vertretern von Pariastaaten wie Iran, Syrien oder Nordkorea zu suchen, ohne Bedingungen zu stellen. Bei Trump indes ist es die unverhohlene Bewunderung für starke Männer, die irritiert.

Kim etwa lobte er neulich mit den Worten, der junge Mann scheine ein "helles Köpfchen" zu sein, sonst hätte er sich kaum so lange an der Macht gehalten. Parallel dazu lud er Rodrigo Duterte ins Weiße Haus ein, den Staatschef der Philippinen, der Obama einen Hurensohn nannte. Einem solchen Despoten den Hof zu machen vertrage sich nicht mit den Idealen Amerikas, protestiert Benjamin Cardin, der ranghöchste Demokrat im Auswärtigen Ausschuss des Senats.

Wer wie Duterte damit prahle, dass er Tausende Menschen, tatsächliche oder vermeintliche Drogendealer, ohne Gerichtsverfahren buchstäblich hinrichten ließ, habe nicht verdient, dass man ihm den roten Teppich ausrolle. Die Menschenrechte zu ignorieren, mahnt Cardin, werde den Interessen Amerikas in Asien nichts nützen. Eher bewirke es das genaue Gegenteil.

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