Krise in Spanien Puigdemont ruft Katalanen zum friedlichen Widerstand auf

Barcelona · Carles Puigdemont, der von der spanischen Zentralregierung abgesetzte katalanische Regierungschef, hat die Fortsetzung der Unabhängigkeitsbestrebungen verkündet.

 Carles Puigdemont (Archivbild vom 27. Oktober).

Carles Puigdemont (Archivbild vom 27. Oktober).

Foto: dpa, TH wal hpl

In einer TV-Rede rief er am Samstag in Barcelona die Bürger der Region zum friedlichen Widerstand gegen die von Madrid beschlossenen Zwangsmaßnahmen und zur "Gründung eines freien Landes" auf. Puigdemont sagte, er erkenne seine Amtsenthebung nicht an. Bei seiner kurzen Erklärung schien es sich um eine Aufzeichnung zu handeln; Puigdemont sagte darin: "Wir werden weiter dafür arbeiten, ein freies Land zu schaffen."

Puigdemont sagte, nur das Regionalparlament könne die katalanische Regierung wählen oder entlassen. "Der beste Weg, mit dem wir die bisherigen Errungenschaften verteidigen können, ist der demokratische Widerstand gegen die Anwendung von Artikel 155", sagte er mit Verweis auf die Verfassungsklausel, die Madrid die direkte Kontrolle über die katalanischen Angelegenheiten gab.

Der spanische Fernsehsender La Sexta TV zeigte gleichzeitig mit der Erklärung Puigdemont beim Mittagessen in einer Bar in seiner Heimatstadt Girona. Der Regionalsender TV3 zeigte ihn auf einem Podium mit dem Wappen der katalonischen Regierung sprechend. Dahinter waren Fahnen Kataloniens und der EU, aber nicht Spaniens.

Am Samstag setzte Madrid die Zwangsverwaltung der abtrünnigen Region Katalonien weiter um. Mit einer Bekanntmachung im Amtsblatt wurden Puigdemont und sein Vize Oriol Junqueras offiziell abgesetzt. Die spanische Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria übernahm die Kontrolle über die Verwaltung in Katalonien.

Polizeichef abgesetzt

Zudem hat die Zentralregierung in Madrid kurz nach der Absetzung der beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos einen ranghohen Polizeikommissar mit deren Führung beauftragt. Zum Nachfolger von Polizeichef Josep Lluís Trapero wurde Ferrán Lopez ernannt, teilte das Innenministerium am Samstag mit. Er war bisher in der Hierarchie der Regionalpolizei die Nummer zwei und mit der Leitung der territorialen Koordinierung beauftragt. Trapero wird die Unterstützung eines Aufstandes vorgeworfen, dafür drohen bis zu 15 Jahre Haft. Die Stelle des Direktors der Mossos d'Esquadra, die zuvor Pere Soler innehatte, soll nach Angaben der Zeitung "La Vanguardia" vakant bleiben.

Die Mossos d'Esquadra ist die Polizei von Katalonien. Auch wenn die Wurzeln der "Mossos", wie sie umgangssprachlich genannt werden, bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückreichen, wurde die Einheit in ihrer heutigen Form erst im Jahr 1983 gegründet. Sie besteht aus knapp 17.000 Beamten. Diese sind die einzigen Polizisten, die in der "Comunidad Autónoma", der Autonomen Gemeinschaft, in normalen Zeiten auf Patrouille gehen. In Spanien haben sonst nur das Baskenland und Navarra eigene Polizeieinheiten.

Am Freitag hatte der spanische Senat Rajoy zur Entmachtung der katalanischen Regionalregierung ermächtigt, nachdem das Parlament in Barcelona die Unabhängigkeit erklärt hatte. Zehntausende Katalanen feierten am Abend die "Republik" auf den Straßen in Barcelona, Girona, Tarragona und anderen Städten.

(felt)
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