Flüchtlinge im Mittelmeer Seenotretter verweigern Unterschrift unter Verhaltenskodex

Rom · Nach drei Treffen im italienischen Innenministerium haben sich mehrere Nichtregierungsorganisationen entschlossen: Sie wollen den Verhaltenskodex nicht unterschreiben, mit dem Italien Regeln für Rettungsaktionen im Mittelmeer aufstellen will.

 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer (Symbolbild).

Bootsflüchtlinge im Mittelmeer (Symbolbild).

Foto: dpa, EM cul

Eigentlich hatte das Treffen am Montag das letzte sein sollen. Und nach den Vorstellungen des italienischen Innenministeriums hätte es mit einem von den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterschriebenen Verhaltenskodex besiegelt werden sollen. Doch dazu kam es nicht.

Julian Pahlke, Sprecher der Berliner Organisation "Jugend rettet" bestätigte unserer Redaktion: "Wir haben uns entschlossen, den Code of Conduct nicht zu unterschreiben, weil er unsere Neutralität aufhebt und in seiner jetzigen Form im Konflikt mit geltendem Recht steht." Auch die deutsche Organisation "Sea Watch" und "MSF — Ärzte ohne Grenzen" sollen sich gegen die Einwilligung entschieden haben. Der Kodex würde zu noch mehr Toten führen, weil weniger Schiffe im Einsatzgebiet sein könnten, hatte "Sea Watch" die Entscheidung begründet.

"So gut wie keine Änderung"

"Die Änderungswünsche, die wir nach dem ersten Treffen schriftlich eingereicht hatten, sind nicht zufriedenstellend eingearbeitet worden. Die überarbeitete Version, die wir am Freitag erhalten haben, enthält so gut wie keine der von den NGOs geäußerten Änderungen", sagte Pahlke. Einer der Hauptkritikpunkte der Organisationen waren die italienischen Polizisten, die künftig an Bord der freiwilligen Helfer anwesend sein sollten.

"Uns wurde klar gesagt, dass die Entscheidung gegen den Verhaltenskodex Konsequenzen für uns haben könnte. Wir sehen uns aber weiterhin als Lückenfüller für eine nicht existierende staatliche Seenotrettung und wollen so weitermachen, wie bisher, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten", sagte Pahlke weiter.

Außerdem sehen besonders kleinere NGOs das sogenannte Trans-Shipment kritisch. Bisher übergeben die Helfer die aus Seenot Geretteten häufig an die italienische Küstenwache oder größere Nichtregierungsorganisationen, die die Flüchtlinge dann nach Lampedusa oder Sizilien bringen. Dies solle auch in Zukunft so bleiben.

"Unser Schiff Iuventa hat keine Transportkapazität. Wir können nicht 30 bis 40 Stunden mit 250 Leuten an Bord nordwärts nach Italien fahren, um die Geretteten jedes Mal selbst in sichere Häfen zu bringen", sagt Pahlke.

Für Gespräche stehe man aber weiterhin zu Verfügung, heißt es seitens "Jugend rettet": "Sollte Italien weiterhin auf einen Verhaltenskodex bestehen, wollen wir diesen mitentwickeln." Bis dahin soll auch der Kontakt zum deutschen Innenministerium gesucht werden. Am Donnerstag hatte es bereits Gespräche zwischen Vertretern von "Jugend rettet" und dem Innenministerium in Berlin gegeben.

(tak)
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