Sunniten gegen Schiiten Saudi-Arabien bricht diplomatische Beziehungen zum Iran ab

Riad · In Reaktion auf die Hinrichtung des schiitischen Oppositionellen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien hat der Iran das Königreich vor der "Rache Gottes" gewarnt. Nun hat Saudi-Arabien mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran gekontert.

Das verkündete Außenminister Adel al-Dschubeir am Sonntag, nachdem Demonstranten die saudiarabische Botschaft in der iranischen Hauptstadt Teheran gestürmt hatten. Alle iranischen Diplomaten müssten binnen 48 Stunden das Land verlassen, fügte der saudiarabische Außenminister hinzu.

Irans oberster geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei hatte am Sonntag erklärt, Al-Nimr habe weder zum bewaffneten Aufstand aufgerufen, noch eine Verschwörung angezettelt, sondern nur die Regierung kritisiert. In dem schiitisch geführten Land verwüstete eine aufgebrachte Menge die saudi-arabische Botschaft. Riad warf Teheran daraufhin vor, terroristische Handlungen zu unterstützen.

Saudi-Arabien hatte am Samstag al-Nimr und 46 weitere, wegen Terrorverdachts verurteilte Häftlinge hingerichtet und damit weltweit Kritik ausgelöst. Er war Leitfigur schiitischer Proteste während des Arabischen Frühlings 2011 sowohl in Saudi-Arabien als auch in Bahrain.

Die iranische Revolutionsgarde sagte nach der Hinrichtung al-Nimrs den Untergang der saudischen Monarchie voraus. In Al-Nimrs Heimatstadt Al-Katif im Osten Saudi-Arabiens gingen Hunderte Menschen auf die Straße. In Bahrain trieb die Polizei Demonstranten mit Tränengas auseinander. Auch im Libanon kam es vor der Botschaft Saudi-Arabiens in Beirut zu Protesten. Die schiitische Hisbollah-Miliz sprach von einem "Zeichen der Schande und der Schwäche für Saudi-Arabien". Die Regierung dort grabe ihr eigenes Grab. Selbst in Nordindien kam es zu Protesten.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif habe erklärt, wie die Spannungen entschärft werden sollten. Beide Seiten hätten zugestimmt, es sollte mit allen Mitteln versucht werden, die Situation zu kontrollieren und nicht eskalieren zu lassen.

Das US-Außenministerium mahnte den Iran und Saudi-Arabien, die Situation nicht weiter zu verschärfen. Die USA verurteilten jeden Angriff auf diplomatische Einrichtungen.

UN-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein kritisierte, einige der Hingerichteten hätten sich selbst nach Ansicht der Richter keine Gewaltverbrechen zuschulden kommen lassen. Trotzdem seien sie zum Tode verurteilt und exekutiert worden. Das widerspreche internationalem Recht.

Wenige Stunden nach dem Sturm auf die saudi-arabische Botschaft in Teheran versammelten sich am Sonntag nach Angaben von Augenzeugen erneut bis zu 400 Demonstranten in der Nähe des Gebäudes. Die Behörden hatten Proteste an der Vertretung eigentlich untersagt und Demonstranten auf einen zentralen Platz in Teheran verwiesen.

Demonstranten zünden Botschaft an

Einigen Demonstranten war es in der Nacht zu Sonntag gelungen, in die Botschaft vorzudringen und Feuer zu legen. Die Polizei vertrieb die Eindringlinge nach eigenen Angaben wieder. Staatspräsident Hassan Ruhani sprach von einem "hässlichen Vorfall" der nicht zu rechtfertigen sei und forderte die Festnahme der verantwortlichen Extremisten. Laut Staatsanwalt Abbas Dschafari Dowlatabadi wurden 40 Menschen gefasst.

Saudi-Arabiens Außenministerium erklärte, die Kritik des Iran zeige, dass Teheran den Terrorismus unterstütze. Es zitierte den Botschafter Teherans zu sich und warf Iran plumpe Einmischung in die Innenpolitik Saudi-Arabiens vor. Auch der Iran bestellte Saudi-Arabiens Botschafter ein.

Die Hinrichtungen könnten aber auch die Beziehungen Riads zum Irak belasten, der ebenfalls eine schiitische Bevölkerungsmehrheit hat. Ministerpräsident Haidar al-Abadi twitterte nach der Exekution, er sei schockiert. Friedliche Opposition sei in Grundrecht.

Der schiitisch geführte Iran konkurriert mit dem sunnitischen Königreich Saudi-Arabien um die Vormachtstellung in der Region. So unterstützt der Iran Syriens Präsident Baschar al-Assad im Bürgerkrieg, Saudi-Arabien hilft dagegen sunnitischen Rebellen. Im Jemen führen beide Staaten einen Stellvertreterkrieg.

(felt/AFP/ap)
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