Diplomatie Russland sieht "Fall Lisa" als erledigt an

Berlin · Kurzfristig war Sand in das doplomatische Getriebe zwischen Moskau und Berlin geraten. Nun ist die Belastung der deutsch-russischen Beziehungen wegen der angeblichen Vergewaltigung einer 13-Jährigen aus Sicht Moskaus offenbar überwunden.

"Es scheint so, dass das Thema erledigt ist", sagte der russische Botschafter Wladimir Grinin am Donnerstag in einem Interview des Magazins "Cicero". Der so genannte "Fall Lisa" hatte in sozialen Netzwerken, aber auch auf diplomatischer Ebene für Aufregung gesorgt: Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte der deutschen Polizei im vergangenen Monat "Vertuschung" in der Sache vorgeworfen. Nach einem Telefongespräch von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit Lawrow vergangene Woche hatte die russische Seite die Vorwürfe aber nicht mehr wiederholt.

Hintergrund war der Fall einer vorübergehend verschwundenen deutsch-russischen 13-Jährigen in Berlin. Die Polizei hält den Fall seit vergangener Woche für geklärt: Ihren Erkenntnissen zufolge hatte sich das Mädchen bei einem Bekannten vor ihren Eltern versteckt, eine Vergewaltigung habe es nicht gegeben.

Der Entführungsfall hatte in den sozialen Medien für Empörung gesorgt, nachdem in einem Bericht eines russischen Fernsehkanals behauptet worden war, die Berliner Polizei vertusche den Vorfall. Der TV-Bericht stellte die vermeintliche Gruppenvergewaltigung des Kindes in einen direkten Zusammenhang zu den Flüchtlingen in Deutschland.

Lobende Worte fand Botschafter Grinin in dem Interview mit "Cicero" für den Moskau-Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU): Dieser sei "sehr positiv" verlaufen. "Wir sehen positive Anzeichen auf der deutschen Seite - Signale, dass wir zusammen wirklich Schritte in die richtige Richtung machen", fügte er hinzu.

Es sei begrüßenswert, die Beziehungen zu Russland auch auf Ebene der Bundesländer auszubauen, sagte Grinin. "Das wird uns vielleicht helfen, die heutige Misere, diesen Verfall der allgemeinen Beziehungen irgendwie zu stoppen und unsere Beziehungen wiederherzustellen."

Seehofer war am Mittwoch von Putin in dessen Residenz in Nowo-Ogarjowo bei Moskau empfangen worden. Für Donnerstag standen Treffen mit Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew, Industrieminister Denis Manturow und dem Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin auf dem Programm.

Seehofer hatte seine umstrittene Visite damit gerechtfertigt, dass Bayern und Moskau "schon seit Jahrzehnten eine enge Partnerschaft" pflegten. Daran wolle er mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Zusammenarbeit anknüpfen.

(felt/AFP)
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