Nach mutmaßlichem Giftgasangriff Chemiewaffeninspekteure dürfen ins syrische Duma reisen

Beirut · Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma sind Chemiewaffenexperten nach Syrien gereist. In die Stadt selbst sollen sie am Mittwoch gelangen können - mit russischer Hilfe. Derweil gibt es Berichte - und Dementis - über Raketenangriffe auf das Land.

 Russische Militärpolizisten überprüfen eine Waffenfabrik, die von der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) in Duma hinterlassen wurde.

Russische Militärpolizisten überprüfen eine Waffenfabrik, die von der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) in Duma hinterlassen wurde.

Foto: dpa, HA hjp

Das russische Militär will nach eigener Darstellung den Ort eines mutmaßlichen Giftgasangriffs im syrischen Duma für unabhängige Chemiewaffen-Inspekteure sichern. Generalmajor Juri Jewtuschenko sagte am Montag, die russische Militärpolizei sei bereit, zu helfen, die Experten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen zu beschützen. Unterdessen haben die USA und Frankreich weiterhin keine Hinweise öffentlich gemacht, die eine Verantwortung der syrischen Regierung für den Vorfall nahelegen.

Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff vor mehr als einer Woche herrscht international noch immer Streit über das Geschehen. Dass die Organisation für das Verbot chemischer Waffen keinen Zugang zu Duma hat, lässt offene Fragen über den Vorfall weiter unbeantwortet.

Russischer Außenminister weist etwaige Manipulation der Beweislage zurück

Während die britische Premierministerin Theresa May Russland und Syrien beschuldigte, Beweise für das Vergehen zu vertuschen, sagten Regierungsvertreter aus Moskau, es habe sich um eine "gefälschte" Chemieattacke gehandelt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies eine etwaige Manipulation der Beweislage zurück: "Ich kann garantieren, dass Russland an der Stätte (des Vorfalls) nicht herumgepfuscht hat", sagte er der BBC am Montag.

Der russische Chemiewaffenschutz-Experte Igor Kirillow sagte, die OPCW-Inspekteure würden am Mittwoch den Vorort von Damaskus besuchen. Der Generaldirektor der Organisation, Ahmet Üzümcü, hatte zuvor erklärt, russische und syrische Behördenvertreter hätten seine Inspekteure unter Verweis auf Sicherheitsfragen davon abgehalten, nach Duma zu gelangen. Stattdessen seien ihnen zunächst 22 Menschen zur Zeugenbefragung bereitgestellt worden.

In Duma beschrieben Bewohner gegenüber AP-Journalisten derweil den Vorfall vom 7. April. Die Überlebenden gaben der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam, die bis vergangene Woche noch dort herrschte, die Schuld an dem Gaseinsatz - ohne Belege dafür zu liefern. Einige sagten, starker Chlorgeruch habe sich rasch ausgebreitet. Bewohner hätten ihre Münder mit Tüchern bedeckt, die mit Essig und Wasser getränkt gewesen seien, und hätten sich rasch in höher gelegene Räume begeben, um Rauch und Geruch zu entkommen.

Bei dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf Duma wurden nach Angaben von Rettungskräften der Opposition am 7. April mindestens 40 Menschen getötet. Die USA, Frankreich und Großbritannien hatten in der vergangenen Woche als Vergeltung einen Militärschlag gegen Syrien ausgeführt.

In der Nacht zu Dienstag meldeten syrische Staatsmedien unterdessen mutmaßliche Angriffe auf zwei Luftwaffenstützpunkte. Die von der Regierung gesteuerten zentralen Militärmedien berichteten, die Luftwaffe reagiere auf eine "Aggression" bei Homs: Die meisten von sechs Flugkörpern, deren Ziel der Flugplatz Schairat gewesen sei, seien abgeschossen worden. Auch auf die Militärbasis Dumajr nahe Damaskus sollte es demnach zu einem Angriff aus der Luft gekommen sein. Woher die Geschosse stammten, wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Ein Pentagonsprecher erklärte, in dem besagten Gebiet gebe es keine US-Militäreinsätze. Zudem sagte ein Sprecher der israelischen Armee der Nachrichtenagentur AFP zu Gerüchten, wonach es sich um einen israelischen Angriff gehandelt haben könnte, er habe keine Informationen "zu einem solchen Vorfall". Auch russische und israelische Medien hatten unter Berufung auf die syrischen Staatsmedien über die vermeintlichen Angriffe israelischer Kampfjets berichtet.

Die Nachrichtenagentur dpa berichtet unter Berufung auf syrische Militärkreise, ein falscher Alarm habe die syrische Flugabwehr in höchste Bereitschaft gesetzt und den Einsatz von zahlreichen Flugabwehrraketen und Flugabwehrgeschützen bewirkt.

Vor rund einer Woche war eine syrische Militärbasis in der Provinz Homs bereits einmal angegriffen worden. Syriens Armee gab Israel die Schuld daran.

(das/ap/dpa/AFP)
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