Russland-Affäre Was Trump von Sonderermittler Mueller zu befürchten hat

US-Präsident Donald Trump spricht von einer Hexenjagd, seit bekannt wurde, dass Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre nun auch gegen ihn persönlich ermittelt. Aber wie gefährlich kann dies für Trump überhaupt werden? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum ist Muellers Entscheidung so bedeutsam?

Dass Robert Mueller, der vom Justizressort eingesetzte Sonderermittler, wegen des Verdachts auf Behinderung der Justiz auch den Präsidenten persönlich ins Visier nimmt, ist eine wichtige Zäsur. Als Trump den FBI-Direktor James Comey feuerte, gab den Ausschlag, dass Comey unter die Lupe nehmen wollte, was der Milliardär das "Russland-Ding" nennt: Die Vermutung, dass Trumps Wahlkampfberater geheime Absprachen mit dem Kreml trafen. Vor der Entlassung des FBI-Chefs habe er "wegen Russland" großen Druck verspürt, der aber sei nun gewichen, sagte Trump vor gut fünf Wochen - nach Medienberichten ausgerechnet während eines Gesprächs mit dem Außenminister und dem US-Botschafter Russlands. Sein Umgang mit Comey erhärtet den Verdacht, dass er Ermittlungen abwürgen wollte.

Ist ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump jetzt programmiert?

Nein, von einem Automatismus kann keine Rede sein. Möglich ist auch, dass die Juristen in Muellers Team am Ende mit leeren Händen dastehen. Unter Amerikas führenden Staatsrechtlern gehen die Meinungen auseinander. Alan Dershowitz, einst Professor an der Universität Harvard, sieht Trump durchaus im Rahmen der Verfassung handeln: Als Chef der Exekutive habe er das Recht, die Einstellung von Ermittlungen der Bundespolizei anzuordnen und den FBI-Direktor abzulösen, falls jener sich der Order widersetze. Laurence Tribe, nach wie vor Verfassungsrechtler in Harvard, widerspricht entschieden. Nach Tribes Ansicht läuft es eindeutig auf Justizbehinderung hinaus, wenn der Präsident seinen Einfluss geltend macht, um FBI-Ermittlungen zu stoppen.

Wie liefe eine Amtsenthebung ab?

Das ist ein langwieriger Prozess, beginnend mit einer Untersuchung in Regie des Justizministeriums, des Kongresses oder eines eigens dafür berufenen Sonderermittlers. Sind genügend Beweise gesammelt, wird das Repräsentantenhaus informiert. Allein die größere der beiden Parlamentskammern kann darüber befinden, ob ein Impeachment-Verfahren eingeleitet wird. Nach dem Willen der Gründer der amerikanischen Republik soll dies garantieren, dass es eine politische Entscheidung ist und keine juristische.

Könnte nun auch Mueller entlassen werden?

Theoretisch ja. Mueller wurde von Vize-Justizminister Rod Rosenstein ernannt und kann von Rosenstein seines Amtes enthoben werden (Jeff Sessions, der Chef des Justizressorts, hat die Verantwortung für die Untersuchung der Russlandaffäre abgegeben). Politisch aber würde die Regierung Trump einen hohen Preis für einen solchen Schritt zahlen, weshalb auch konservative Senatoren dringend davon abraten. Es gibt einen Präzedenzfall, der Trump als Warnung dienen sollte, die Entlassung des Watergate-Sonderermittlers Archibald Cox durch Richard Nixon 1973.

Was geschah damals?

Was Nixon vor allem zum Verhängnis wurde und im August 1974 zum vorzeitigen Ende seiner Präsidentschaft führte, war die Vertuschung der Watergate-Affäre. Im Mai 1973 kam bei einer Anhörung im Untersuchungsausschuss des Senats heraus, dass im Oval Office sämtliche Gespräche auf Tonband aufgezeichnet wurden. Der von Nixon eingesetzte Sonderermittler Archibald Cox verlangte daraufhin die Herausgabe der Bänder. Der Präsident weigerte sich und entließ Cox am 20. Oktober 1973, worauf Justizminister Elliot Richardson und dessen Stellvertreter William Ruckelshaus aus Protest zurücktraten. Die Ernennung des texanischen Richters Leon Jaworski zum neuen Sonderermittler änderte nichts am Wesentlichen. Auch Jaworski bestand auf der Überstellung der Tonbänder, die schließlich zweifelsfrei bewiesen, dass Nixon persönlich die Vernebelung des Watergate-Skandals deckte.

Wie werden sich die Republikaner gegenüber ihrem Präsidenten verhalten?

Davon hängt alles ab. Solange sich Trump des Rückhalts in den eigenen Reihen sicher sein kann und die Republikaner den Kongress dominieren, wird er selbst ein Impeachment überstehen. Zurzeit gibt es kaum einen konservativen Politiker von Rang, der bereits auf Distanz zu ihm gehen würde - was sich jedoch ändern kann. Zwar eröffnet das Repräsentantenhaus das Amtsenthebungsverfahren, es endet aber nur dann mit der Absetzung des Staatschefs, wenn der Senat mit Zweidrittelmehrheit zustimmt. Im Falle Bill Clintons, der unter Druck geriet, nachdem er eine Sexaffäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky unter Eid geleugnet hatte, entschied sich das Haus 1998 mit knapper Mehrheit für eine Amtsenthebung. In der zweiten Kammer fiel das Ansinnen aber durch. Allerdings war Clinton damals trotz der Affäre sehr populär. Trumps Beliebtheit dagegen hat seit seinem Amtsantritt erheblich gelitten - nicht bei seinen treuesten Anhängern, wohl aber bei den Wählern der Mitte.

(fh)
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