Polen Regierung will Justizreform trotz Dudas Veto durchsetzen

Warschau · Die nationalkonservative Regierungspartei PiS gibt sich trotzig: Die polnische Ministerpräsidentin Szydlo beharrt auf Veränderungen im Justizwesen – trotz des Vetos von Präsident Duda.

 Ministerpräsidentin Beata Szydlo am Montag in Warschau: "Wir werden dem Druck nicht nachgeben."

Ministerpräsidentin Beata Szydlo am Montag in Warschau: "Wir werden dem Druck nicht nachgeben."

Foto: rtr, IK/DEG

Die nationalkonservative Regierungspartei PiS gibt sich trotzig: Die polnische Ministerpräsidentin Szydlo beharrt auf Veränderungen im Justizwesen — trotz des Vetos von Präsident Duda.

"Wir werden dem Druck nicht nachgeben", sagte Beata Szydlo. "Wir werden unseren Plan umsetzen." Demonstranten kündigen an, weiter zu protestieren. Die polnische Ministerpräsidentin hat dem Präsidenten des Landes vorgeworfen, mit seinem Veto gegen die Justizreform nötige Veränderungen bei den Gerichten in Polen zu verzögern.

Auch wenn das Tempo sich nun verlangsame, werde die Regierung nicht davon absehen, "den Staat zu reparieren", sagte sie am Montagabend in einer Fernsehansprache. Szydlo bekräftigte, die polnische Justiz brauche Reformen, weil sie nicht gut funktioniere. Vorherige Regierungen hätten sich des Problems nicht annehmen wollen.

Duda hatte am Montag erklärt, zwei von drei Gesetzesentwürfen zur Reformierung des Justizwesens nicht zu unterzeichnen und damit erstmals öffentlich mit dem Kurs der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gebrochen.

Duda hatte zuvor in einer TV-Ansprache gesagt: "Ich möchte nicht, dass sich die Lage verschlechtert." Dies stärke "die Spaltung in der Gesellschaft." Es gebe nur ein Polen - "Polen braucht Frieden und ich fühle mich als Präsident dafür verantwortlich", fügte Duda hinzu.

 Polens Präsident Andrzej Duda will einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.

Polens Präsident Andrzej Duda will einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.

Foto: rtr, IK

Es stehe nicht in der Justiztradition des Landes, dass der Generalstaatsanwalt auf die Arbeit des Obersten Gerichtshof Einfluss nehme, wie es das neue Gesetz vorsehen, sagte Duda. Zwar sei die Reform des Justizwesens notwendig, sie müsse aber in Übereinstimmung mit der Verfassung stehen.

"Ich habe entschieden, das Gesetz zum Obersten Gerichtshof und das Gesetz zum Landesrichterrat zurück ins Parlament zu schicken und damit mein Veto einzulegen", sagte Duda weiter. Um die Gesetze nun dennoch in ihrer jetzigen Form durchzubringen, wäre eine Drei-Fünftel-Mehrheit im Parlament notwendig, über welche die rechtsnationale PiS nicht verfügt. Duda kündigte zudem in den kommenden beiden Monaten eigene Gesetzesentwürfe zu der Reform an. Dafür wolle er sich mit Experten zusammensetzen.

Nach Dudas Ankündigung gingen Proteste in Warschau und in anderen polnischen Städten dennoch weiter. Sie riefen ihn auf, den dritten Gesetzentwurf ebenfalls nicht zu unterschreiben, da aus ihrer Sicht alle drei Vorlagen verfassungswidrig sind. Die Demonstranten rollten eine riesige polnische Flagge aus und sangen die Nationalhymne.

Menschen hielten Kerzen hoch und riefen Slogans, um die Verfassung, freie Gerichte und die Demokratie zu verteidigen. "In unseren Herzen sind wir zu 100 Prozent Europäer", sagte der 26-jährige Demonstrant Marcin Trzepla, der die Justizreform der Regierung einen "riesigen Schritt Richtung Osten" nannte.

Er erklärte, auch nach dem Veto Dudas weiter wegen des dritten Gesetzentwurfes protestieren zu wollen. Dem Generalstaatsanwalt, der zeitgleich in Polen auch der Justizminister ist, wird darin das Recht eingeräumt, die höchsten Posten von niedrigeren juristischen Instanzen zu bestimmen.

Friedensnobelpreisträger und Demokratie-Ikone Lech Walesa lobte Duda für seinen Schritt, der "eine schwierige und eine mutige Entscheidung" gewesen sei. Der liberale EU-Politiker Guy Verhofstadt äußerte sich ähnlich. Jedoch gehe der Kampf für Rechtsstaatlichkeit in Polen weiter, twitterte er. "Wir stehen an der Seite des polnischen Volkes!"

(ap/AFP/csr)
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