Deutschland hilft Kurden Der Krieg aus der zweiten Reihe im Irak

Bagdad · Deutschland engagiert sich weiter für die Peschmerga: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen prüft weitere Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak für ihren Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat.

 Der Präsident der autonomen Region Kurdistan-Irak, Masoud Barzani empfängt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Der Präsident der autonomen Region Kurdistan-Irak, Masoud Barzani empfängt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Foto: dpa, rje axs

"Wir haben einen gemeinsamen Feind, und deswegen ist es so wichtig, dass wir geschlossen mit aller Kraft gegen diesen gemeinsamen Feind vorgehen", sagte die CDU-Politikerin am Dienstag nach einem Gespräch mit Kurden-Präsident Massud Barsani in Erbil. Die Wünsche der kurdischen Peschmerga-Armee werde sie mit nach Berlin nehmen und mit ihren Kabinettskollegen besprechen.

Die Begeisterung der Peschmerga-Kämpfer für die Panzerabwehrrakete "Milan" kennt keine Grenzen. Einige der kurdischen Soldaten sollen sogar ihren Kindern den Namen der 1,20 Meter langen Geschosse gegeben haben. 1000 "Milan" haben die Kurden von der Bundeswehr für ihren Krieg gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Nordirak geschenkt bekommen. Damit können sie mit Sprengstoff beladene Lastwagen zerstören, die der IS als Waffe einsetzt - ein entscheidender militärischer Fortschritt.

Die "Milan" ist aber auch das Symbol für die deutsche Beteiligung an der internationalen Allianz gegen den IS. Aus den Luftangriffen der Amerikaner, Briten und Franzosen hält sich die Bundesregierung heraus. Stattdessen liefert sie Waffen und bildet die Kämpfer im Nordirak aus - Krieg aus der zweiten Reihe also.

Seit 14 Monaten läuft die deutsche Unterstützung für die Kurden nun schon. Zeit für eine Lageerkundung der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. In Kampfstiefeln watet die CDU-Politikerin am Dienstag bei strömendem Regen durch den Schlamm im Ausbildungscamp vor den Toren der Kurden-Metropole Erbil. Ein paar Dutzend Peschmerga in Regenponchos üben für sie den Straßenkampf.

Für von der Leyen war die Entscheidung für die Unterstützung der Kurden im vergangenen Jahr ein Präzedenzfall für mehr deutsche Verantwortung in der Welt. Mit dem Export von Waffen in einen laufenden Bürgerkrieg hat sie ganz bewusst ein Tabu gebrochen. Die Bedenken damals waren groß. Die Waffen könnten in die falschen Hände geraten, hieß es. Bis heute ist aber kein Fall nachgewiesen.

Die meisten kurdischen Soldaten tragen allerdings bis heute Kalaschnikows aus Sowjetzeiten. Die 20 000 aus Deutschland importierten Sturmgewehre G36 und G3 reichen für die 150 000 kurdischen Soldaten nicht aus.

"Bei uns sind die G36 am beliebtesten", sagt Oberstleutnant Hassan Ali, der früher einmal in Köln lebte und erst vor zwei Tagen von der mehr als 1000 Kilometer langen Front zurückkehrte. Im Moment wird aus seiner Sicht aber vor allem Hilfe anderer Art benötigt: Schutzausrüstung für chemische und biologische Waffen. "Es kann sein, dass der Islamische Staat noch mehr Chemiewaffen einsetzt", sagt Ali. Drei Mal hätten die Islamisten bereits in kleinen Mengen Chlorgas verwendet.

Aber auch gegen zusätzliche "Milan"-Raketen hätte Ali nichts. Die Kurden tragen ihre Wünsche aber inzwischen deutlich vorsichtiger vor, als noch zu Beginn des Jahres. Präsident Massud Barsani verzichtet nach seinem Treffen mit von der Leyen bei einem Pressetermin ganz darauf, öffentlich neue Forderungen aufzustellen. Früher war Barsani da deutlich weniger zurückhaltend.

Man kann aber davon ausgehen, dass von der Leyen mit einer Wunschliste der Kurden nach Berlin zurückkehrt. Diese werde sie dann mit ihren Kabinettskollegen prüfen, verspricht sie. 3000 ABC-Schutzanzüge soll es schon in den nächsten Tagen geben.

Auch die Ausbildung soll weitergehen. Insgesamt 4700 Soldaten haben die Lehrgänge der Bundeswehr und ihrer sieben Partnernationen im Nordirak bereits durchlaufen. Vor allem bei der Schulung der Sanitäter seien Fortschritte erzielt worden, sagt der Kommandeur der deutschen Soldaten, Jan Heymann. "Wir wissen, dass die Peschmerga viele Verwundete und Tote hatten, weil sie die Grundlagen der Sanitätsausbildung nicht kannten."

Es bleibt aber noch eine Menge zu tun. Bisher sind nur drei Prozent der Peschmerga ausgebildet. Von der Leyen versichert in Erbil, dass das Training so schnell nicht enden wird. "Wir wissen, dass Sie stellvertretend für uns diesen Kampf kämpfen", sagt sie zu den Soldaten im Camp.

(dpa)
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