Hochrechnungen zur Wahl in Frankreich Macron gewinnt laut Hochrechnungen klare Mehrheit

Paris · Es ist ein dramatischer Neuanfang für Frankreichs Politik: Die Wahl zur Nationalversammlung zementiert die Macht von Präsident Macron. Aus Deutschland kommen Glückwünsche.

 Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Foto: rtr, JS

Mit einem deutlichen Sieg bei der Parlamentswahl hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine klare Machtbasis für Reformen gesichert. Das Lager des sozialliberalen Staatschefs erzielte am Sonntag im zweiten Wahlgang der Parlamentswahl eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung; sie könnte aber schwächer ausfallen als erwartet.

Die Umfrageinstitute sahen die Partei am späten Sonntagabend bei 355 bis 365 der 577 Parlamentssitze. Meinungsforscher hatten zuvor bis zu 470 Mandate für möglich gehalten. Für eine absolute Mehrheit würden aber schon 289 Mandate ausreichen. Ministerpräsident Édouard Philippe frohlockte, eine breite Mehrheit der Franzosen habe mit ihren Stimmen "Hoffnung statt Wut gewählt".

Wahlbeteiligung stürzt auf historischen Tiefpunkt

Nach Auszählung von 82 Prozent der Wahlzettel komme La République en Marche auf 42 Prozent der Wählerstimmen, berichtete das französische Innenministerium am Abend. Die konservativen Republikaner lagen mit 22 Prozent auf Platz zwei, gefolgt von der rechtsextremen Front National mit knapp zehn Prozent. Die Sozialisten landeten zu diesem Zeitpunkt bei gerade einmal sechs Prozent der Stimmen.

Die Wahlbeteiligung stürzte auf einen neuen historische Tiefpunkt. Sie lag laut Hochrechnungen um die 43 Prozent, noch deutlich niedriger als im ersten Wahlgang eine Woche zuvor. Das könnte auf eine geringere Zustimmung in der Bevölkerung für den Kurs des neuen Präsidenten hindeuten, als die Sitzverteilung im Parlament vermuten lässt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte Macron am Abend zum Wahlerfolg. Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte: "Kanzlerin #Merkel: Glückwunsch, @EmmanuelMacron, zur klaren parlamentarischen Mehrheit +auf weiter gute Zusammenarbeit für DEU, FRA, Europa." Merkel und Macron wollen in der Europapolitik zusammenarbeiten und nach Informationen aus dem Élyséepalst schon zum kommenden EU-Gipfel einen gemeinsamen Beitrag leisten.

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gratulierten dem französischen Präsidenten. Macron sei der "Durch-Marche" in der Nationalversammlung gelungen, schrieb Gabriel auf Twitter. "Der Weg ist frei für Reformen, in Frankreich und in Europa." Schulz twitterte: "Europa bringen wir nur nach vorn mit PolitikerInnen, die gestalten wollen."

Zäsur für die französische Politik

Macrons Partei La République en Marche war erst vor gut einem Jahr gegründet worden. Ihr Erfolg bei der Parlamentswahl bestätigt eine historische Zäsur für die französische Politik. Die traditionellen Regierungsparteien der bürgerlichen Rechten und der Sozialisten mussten eine weitere herbe Niederlage einstecken. Erst vor wenigen Wochen hatten ihre Kandidaten gegen Macron bei der Präsidentschaftswahl verloren..

Der 39-Jährige will noch in diesem Monat eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts und ein neues Anti-Terror-Gesetz auf den Weg bringen. Außerdem strebt er in der vom angekündigten Austritt Großbritanniens verunsicherten Europäischen Union weitreichende Reformen an und hofft dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland. Schon zum am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel wollen Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Informationen aus dem Élyséepalst einen gemeinsamen Beitrag leisten.

Macron hat nun weitgehend freie Hand

Mit der klaren Mehrheit in der Nationalversammlung hat Macron nun weitgehend freie Hand für seine Gesetzespläne. Bremsen könnte allenfalls der Senat, die zweite Parlamentskammer wird von der bürgerlichen Rechten dominiert. Allerdings sitzt die Nationalversammlung bei der Verabschiedung von Gesetzen am längeren Hebel. Vor allem bei der geplanten Arbeitsmarktreform sind außerdem Protestkundgebungen von Gewerkschaften zu erwarten.

Frankreich leidet schon lange unter einer hohen Arbeitslosigkeit, sie lag zuletzt bei 9,5 Prozent. Das Wirtschaftswachstum hinkte in den vergangenen Jahren der Eurozone hinterher, die Staatsschulden liegen bei 96 Prozent der Wirtschaftskraft — deutlich mehr als in Deutschland.

(wer/ap/dpa/afp)
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