Treffen mit der Kanzlerin Papandreou im Kreuzfeuer

Athen/Berlin (RPO). Giorgos Papandreou ist der Mann, der die griechische Staatspleite abwenden muss. Mit drastischen Sparmaßnahmen will der Ministerpräsident das Land gegen alle Widerstände wieder auf Kurs bringen und das Vertrauen der Kapitalmärkte zurückgewinnen. Am Abend trifft der Spross einer Politikerfamilie auf Kanzlerin Merkel. Papandreou braucht die Untersützung der Deutschen.

Drastische Sparmaßnahmen: Rosskur für Griechenland
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Foto: AFP

Giorgos Papandreou trat im Oktober ein schweres Erbe an. Bei seiner Amtseinführung als neuer Ministerpräsident Griechenlands wählte er eine jener Floskeln, mit denen Politiker nach einem Wahlsieg gewöhnlich ihre Demut zur Schau stellen: Er nehme die "große Verantwortung" an.

Wenige Monate später dürfte dem Sozialisten allerdings bewusst geworden sein, welche Verantwortung er tatsächlich auf sich geladen hat. Seit seine Regierung die Angaben zum Haushaltsdefizit dramatisch nach oben korrigieren musste, ist Papandreou vollauf damit beschäftigt, eine Staatspleite abzuwenden. Deutschland und Europa bittet er dabei zwar nach eigener Aussage nicht um Geld - wohl aber um politische Unterstützung.

Kein Geld gefordert

Ohne diese Unterstützung könnte die griechische Schuldenkrise ganz Europa "teuer zu stehen kommen", sagte Papandreou der "FAZ" vor seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag in Berlin. "Wir haben den deutschen Steuerzahler nicht darum gebeten, uns auszulösen, uns die Renten und den Urlaub zu zahlen. Das zu behaupten ist unfair", sagte er. Mehrere deutsche Politiker hatten finanziellen Hilfen am Freitag eine Absage erteilt.

Merkel sagte mittags in München ihre Unterstützung für den griechischen Kurs zu. Zudem lobte die Kanzlerin ausdrücklich den Erfolg der jüngsten griechischen Staatsanleihe als "wichtiges Signal". "Negative Emotionen sind nicht hilfreich", sagte Merkel, ohne bei Protesten in Griechenland laut gewordene Nazivorwürfe direkt anzusprechen. "Wir sollten an der Lösung der Probleme arbeiten", sagte die Kanzlerin.

Papandreou war in dieser Woche bereits in Vorleistung gegangen: Am Mittwoch hatte er die neuen Sparmaßnahmen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro vorgestellt - bereits das zweite Sparprogramm, das die Regierung in Athen unter dem Druck der Europäischen Union auflegt. Steuern werden erhöht, Renten eingefroren, Beamtengehälter gekürzt. Das Land befinde sich in einer "Kriegssituation", hatte der Ministerpräsident am Dienstag gewarnt.

Spross einer Politikerdynastie

Papandreou stammt aus einer griechischen Politikerdynastie. Weil schon sein Großvater Giorgos Papandreou hieß und nach dem Zweiten Weltkrieg an der Spitze des Landes stand, gaben die Griechen dem 57-Jährigen den Spitznamen Giorgakis, der kleine Giorgos. Seine politische Karriere begann er unter seinem Vater Andreas, der nach dem Ende der Militärherrschaft 1974 die Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) gründete und in den 80er und 90er Jahren ebenfalls Regierungschef war. Andreas Papandreou verschaffte seinem Sohn damals mehrere Posten in der zweiten Reihe, auf denen er Erfahrungen sammeln konnte.

Giorgos Papandreou, der in den USA und Großbritannien Soziologie studierte, konnte den Überzeugungen der alten sozialistischen Garde jedoch wenig abgewinnen - er verstand sich eher als Sozialdemokrat skandinavischer Prägung. In den 90er Jahren gehörte Papandreou dem reformorientierten Lager um Ministerpräsident Kostas Simitis an, unter dem er als Außenminister diente.

Nach dem Rücktritt von Simitis im Februar 2004 führte Papandreou die PASOK als neuer Parteichef und Spitzenkandidat einen Monat später auf verlorenem Posten in die Parlamentswahlen. Auch die Wahlen im Jahr 2007 verlor der Politikerspross - mit dem schlechtesten Wahlergebnis der Sozialisten seit 30 Jahren. Im dritten Anlauf gelang ihm im Herbst jedoch der Sprung an die Macht: Seine PASOK holte fast 44 Prozent der Stimmen, die regierende Nea Dimokratia stürzte auf gut 33 Prozent ab.

Ausschreitungen in Athen

An der Regierungsspitze muss Papandreou nun den Schuldenberg bekämpfen, den seine Vorgänger aufbauten und zugleich mit allen Mitteln vor der EU-Kommission zu verstecken versuchten. Anfang November leistete Athen den Offenbarungseid und korrigierte das Defizit für 2009 auf 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach oben - Anfang des Jahres hatte die konservative Vorgängerregierung noch von 3,7 Prozent Neuverschuldung gesprochen.

Die eigentliche Bewährungsprobe steht Papandreou noch bevor. Wie schwer die innenpolitische Durchsetzung der Sparziele ist, zeigte sich am Freitag. Bei Protesten kam es zu schweren Zusammenstößen. Polizisten setzten Tränengas und Blendgranaten gegen Demonstranten ein, die vor dem Parlament mit Steinen warfen. Im Zentrum von Athen gingen mehrere tausend Menschen auf die Straße. Damit gerät die griechische Regierung nicht nur finanziell, sondern auch innenpolitisch unter wachsenden Druck. Ein weiterer Streik legte am Freitag den öffentlichen Nahverkehr, Schulen und Krankenhäuser lahm. Während der Proteste beriet das Parlament über das neue Sparpaket der Regierung.

(AFP/ddp/ndi)
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