Landtagswahl in Österreich Rechtspopulistische FPÖ will Wien erobern

Wien · 1,3 Millionen Stimmberechtigte dürfen am Sonntag abstimmen: Die rechte FPÖ hofft in Wien auf die "Oktober-Revolution". Sie will die rote Hochburg bei den Landtagswahlen stürmen. Und die Chancen so gut wie nie.

 FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Foto: ap

Rechtspopulist Heinz-Christian Strache kann auch anders. Der Chef der FPÖ in Österreich gibt sich kurz vor seinem bisher möglicherweise größten Triumph betont seriös. Ohne Zorn und Eifer spricht er süffisant im Wahlkampf von der "sozialromantischen Einladungs- und Willkommenskultur" im Nachbarland Deutschland und der "Goldgräberstimmung unter den Salafisten". Der eigenen rot-schwarzen Bundesregierung in Wien wirft er völliges Versagen im Umgang mit dem Flüchtlingsstrom vor. Die ausländerkritische Kampagne der FPÖ verfängt in einem Land, in dem täglich rund 6000 Schutzsuchende ankommen - und zumindest bisher meist weiterreisen.

Kurz vor der Landtagswahl in Wien (11.10.) sehen alle Umfragen die FPÖ und ihren 46-jährigen Parteichef fast gleichauf mit der sozialdemokratischen SPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl (65) an der Spitze. Die SPÖ liegt bei etwa 36 Prozent, die FPÖ bei rund 34 Prozent. Die Grünen, aktuell Juniorpartner der SPÖ, sehen die Demoskopen bei stabil 12 Prozent. Der konservativen ÖVP droht ein Debakel. Sie wird laut Vorhersagen wohl auf nur knapp zehn Prozent kommen.

Unter dem Motto "Oktober-Revolution" will die FPÖ am Sonntag die rote Hochburg Wien stürmen. Es ist in Zeiten der Flüchtlingskrise erstmals ein Duell auf Augenhöhe. "Die Wahl ist ein Stimmungsbarometer für die wahren Ansichten der Bevölkerung in der Flüchtlingsfrage", sagt die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule Kärnten. Denn der seit mehr als 20 Jahren regierende Häupl, in Parteikreisen nicht weniger mächtig als Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann, hat sich mit seinem Dreiklang-Wahlslogan "Charakter, Anstand, Humanität" eindeutig positioniert. "Häupl hat sich auf die Seite der toreöffnenden Gutmenschen geschlagen", sagt Stainer-Hämmerle.

Schon seit zwei Jahren schwimmt die FPÖ in Österreich auf einer Erfolgswelle. Bei der Nationalratswahl 2013 betrug das Plus noch eher bescheidene drei Prozentpunkte auf 20,5 Prozent. Der Höhenflug habe eingesetzt, als in Wien die altbekannte große Koalition aus SPÖ und ÖVP ihre Arbeit fortgesetzt habe, meint Stainer-Hämmerle. "Das Gefühl, dass sich wieder nichts ändert, reichte schon." Im Superwahljahr 2015 mit der aufkommenden Flüchtlingswelle hat die FPÖ bei den drei bisherigen Landtagswahlen abgeräumt - und im Burgenland sogar einen "Tabubruch" bewirkt. Entgegen vieler Beteuerungen hat die SPÖ dort eine erste Koalition mit der FPÖ auf Landesebene geschlossen.

Eine solche rot-blaue Koalition ist unter Häupl in Wien ausgeschlossen. Als möglicher Koalitionspartner für die FPÖ kommt nur die ÖVP infrage. Deren Spitzenkandidat Manfred Juraczka würde als Einziger im Fall des Falles auch Gespräche mit Strache führen, hat er bereits angekündigt. Angesichts der ÖVP-Schwäche ist die Möglichkeit, dass der gelernte Zahntechniker Strache die Stadt regiert, eher unwahrscheinlich.

Die rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten, das sind 20 Prozent aller möglichen Wähler der Alpenrepublik, werden mit ihren Stimmen wohl auch bundespolitische Weichen stellen. Das Land ist geplagt von steigender Arbeitslosigkeit und einer miesen Konsumstimmung. Die Landtagswahl in Wien kann nach Ansicht vieler Kommentatoren nicht nur über die politische Zukunft von Häupl, sondern auch von Kanzler Faymann entscheiden. Diese beiden sind die bisherigen SPÖ-Bollwerke gegen künftige Koalitionen mit der FPÖ. "In der Sozialpolitik sind die Schnittmengen der FPÖ mit der SPÖ größer als mit der ÖVP", sagt Stainer-Hämmerle.

(dpa)
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