In öffentlichen Gebäuden Niederlande stimmen für Teilverbot der Burka

Den Haag · Eine Mehrheit des Parlaments stellt sich hinter den Vorstoß der Regierungsparteien. Ganzkörper- und Gesichtsschleier wie Burkas oder Nikabs, aber auch Helme sollen in Teilen der Öffentlichkeit verboten werden.

 400 Euro Strafe sieht der beschlossene Gesetzentwurf vor, wenn man in den Niederlanden künftig gesichtsverdeckende Kleidung wie einen Nikab trägt. (Symbolbild)

400 Euro Strafe sieht der beschlossene Gesetzentwurf vor, wenn man in den Niederlanden künftig gesichtsverdeckende Kleidung wie einen Nikab trägt. (Symbolbild)

Foto: dpa, le_htf_sbr vfd bwe

400 Euro Strafe drohen in den Niederlanden einer Burkaträgerin, die ihre islamische Kleidung beispielsweise in öffentlichen Gebäuden nicht ablegen möchte. Die Zweite Kammer, das niederländische Pendant zum Deutschen Bundestag, verabschiedete am Dienstag ein entsprechendes Gesetz. Eine große Mehrheit der Abgeordneten sprach sich für den Vorstoß der Regierungsparteien unter Premierminister Mark Rutte aus. Lediglich die Parteien D66, GroenLinks und Denk stimmten dagegen.

Das Verbot betrifft allerdings nicht nur die Burka, sondern jedwede Kleidung, die das Gesicht verdeckt, also auch Nikabs, Biwakmützen oder Helme. Verboten werden soll das Tragen solcher Kleidung im Schulunterricht, im öffentlichen Nahverkehr, in Krankenhäusern und in Regierungsgebäuden. Ansonsten besteht im öffentlichen Leben weiterhin eine Kleidungsfreiheit. Allerdings dürfen Polizisten Passanten auffordern, ihre Bekleidung, sollte sie das Gesicht verdecken, für eine bessere Identifizierung abzulegen.

Insbesondere die vor zwei Jahren gegründete Migrantenpartei Denk kritisiert das Gesetz aufs Schärfste. Tunahan Kuzu, Vorsitzender der Partei, will einen Fonds für jene Frauen einrichten, die wegen des Gesetzes ein Bußgeld zahlen müssen. Ohnehin schränke das Gesetz die Religionsfreiheit ein.

Das sieht Premier Mark Rutte anders: "Das Gesetz ist losgelöst von Religion. Wir wollen, dass sich alle Menschen in bestimmten Situationen, wie etwa im öffentlichen Dienst, in die Augen schauen können." Das Kabinett Rutte I hatte bereits 2012 einen Vorstoß für ein allgemeines Burkaverbot gemacht. Doch ein Gesetzentwurf kam nie zustande, weil die damalige Minderheitsregierung aus Volkspartei (VVD) und christdemokratischer Partei bei den Verhandlungen über Haushaltskürzungen keine Mehrheit erreichte. Es kam zu vorgezogenen Neuwahlen.

In der entscheidenden Debatte in der Zweiten Kammer vergangene Woche waren auch vier Burkaträgerinnen auf der Besucherbühne zu Gast. Obwohl Besucher im Parlament nicht an Debatten beteiligt werden dürfen, entbrannte eine hitzige Diskussion unter den Abgeordneten. VVD-Mitglied Malik Azamani sagte etwa: "Ich fände es schön, wenn ich wüsste, wer dort sitzt. Nun weiß ich nicht einmal, ob es Frauen oder Männer sind."

Der Chef der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit, Geert Wilders, hatte sich für ein Totalverbot von gesichtsverdeckender Kleidung starkgemacht. "Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung", sagte er.

In Deutschland ist Kleidung, die das Gesicht bedeckt, nicht generell untersagt. Es gibt aber Einschränkungen: Als erstes Bundesland erließ Hessen 2011 ein Burka- und Nikabverbot, das aber nur im öffentlichen Dienst gilt. Vorausgegangen war ein Streit mit einer muslimischen Mitarbeiterin des Frankfurter Bürgeramtes.

Frankreich dagegen war das erste europäische Land, das im April 2011 das Tragen von Vollschleiern in der Öffentlichkeit untersagt hat. In einem europaweit maßgeblichen Urteil billigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Verbot 2014 und wies die Beschwerde einer französischen Muslimin zurück.

Seit Juli dieses Jahres gilt ein Verschleierungsverbot im Schweizer Ferienkanton Tessin. Bei einem Referendum hatte 2013 eine Mehrheit dort dafür gestimmt.

Wann das Teilverbot in den Niederlanden in Kraft treten soll, ist nicht bekannt. Die Erste Kammer des Parlaments muss dem Gesetzesvorschlag noch zustimmen.

(jaco)
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