Posten des UN-Generalsekretärs Realist und Weltretter

New York/Lissabon · Als Flüchtlingskommissar musste António Guterres mit der Migrationskrise fertigwerden. Nun wird er wohl UN-Generalsekretär.

 Antonio Guterres könnte der Nachfolger von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon werden.

Antonio Guterres könnte der Nachfolger von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon werden.

Foto: ap

Dass der junge Student, der damals im Armenvierteln Lissabons Sozialarbeit verrichtete, es einmal zum Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen bringen und als solcher mit Hollywood-Stars wie Angelina Jolie zusammenarbeiten würde, hätte Ende der 60er Jahre in der portugiesischen Hauptstadt wohl niemand gedacht.

Jetzt soll António Guterres sogar UN-Generalsekretär werden. Der 67 Jahre alte frühere Ministerpräsident Portugals (1995-2002) ist seit jeher ein Humanist, aber auch ein Realist und ein "Macher". Als er vor der Präsidentenwahl Anfang des Jahres in Portugal die Nominierung der Sozialistischen Partei (PS) ausschlug, sagte er in einem Interview des Fernsehsenders RTP: "Ein Staatsoberhaupt ist so etwas wie ein Schiedsrichter. Ich möchte aber Ball spielen, ich möchte auf dem Feld sein, Action haben, ständig eingreifen." Schon als Student habe er "eine Gesellschaft voller Ungerechtigkeiten verändern" wollen.

Der ehemalige portugiesische Regierungschef gilt als Favorit für die Nachfolge Ban Ki Moons

An der Spitze der Vereinten Nationen will der gelernte Ingenieur nun seine "ganze Erfahrung einsetzen", wie Guterres schon vor einigen Monaten erklärte. "Ich habe in Portugal eine Revolution (die Nelkenrevolution von 1974) erlebt, ich war dann bei der Demokratisierung unseres Landes an vorderster Front, war Partei- und Regierungsmitglied und dann Regierungschef. Und dann hatte ich diese unglaubliche Chance, zehn Jahre lang (2005-2015) bei der Unterstützung der Flüchtlinge zu helfen."

Als Flüchtlingskommissar musste Guterres mit einer der schlimmsten Migrationskrisen fertigwerden. Dabei stellte er häufig die Unfähigkeit der Europäischen Union an den Pranger. Auf der Homepage des UN-Flüchtlingskommissariats heißt es, Guterres habe das Personal um 20 Prozent reduziert und mit geringeren Ausgaben wirksamer gearbeitet. Die Welt kann in der Tat hoffen, dass mit Guterres ein fähiger Mann nun das Steuer bei den UN übernimmt.

Das zeigt auch ein schneller Blick auf den Lebenslauf des zweifachen Familienvaters, der fließend Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch spricht: Er war zum Beispiel der einzige portugiesische Ministerpräsident, der mit einer Minderheitsregierung eine volle Legislaturperiode überstand.

Guterres will handeln, er bleibt dabei mit beiden Füßen fest auf dem Boden, verspricht keine Utopien. Schon 2002 sagte er: "Wenn man nicht an Größenwahn leidet, weiß man, dass man nicht versuchen kann, die Menschheit sozusagen zu retten. Ich will die Menschheit nicht retten, ich will aber all das machen, was in meiner Macht steht, um Verbesserungen zu erreichen."

(dpa)
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