Nach Macrons Wahlsieg Deutschland braucht ein starkes Frankreich

Meinung | Düsseldorf · Frankreichs neuer Staatschef Emmanuel Macron kann aller Voraussicht nach auf eine breite Regierungsmehrheit für seine Reformagenda bauen. Was bedeutet das für Europa, was für Deutschland? Dazu ein Kommentar.

 Angela Merkel und Emmanuel Macron Mitte Mai in Berlin.

Angela Merkel und Emmanuel Macron Mitte Mai in Berlin.

Foto: rtr, /bsp/joh

Mit Frankreich und seinem starken Präsidenten Macron bekommt Deutschland einen neuen selbstbewussten Partner in Europa. Und das ist gut so. Denn dieser Präsident hat die reale Chance, Frankreich aus seiner tiefen wirtschafts-, gesellschafts- und machtpolitischen Krise herauszuführen. Deutschland wiederum, ja ganz Europa, braucht ein starkes Frankreich.

Für Deutschland und Frankreich muss es das Ziel sein, wieder zum europäischen Motor zu werden. Den beiden größten Volkswirtschaften Europas obliegt es, den Kontinent so weit zu einen, dass es neben China, den USA und Russland ökonomisch und machtpolitisch als großer Akteur auf diesem Globus wahrnehmbar wird. Wenn die deutsche Kanzlerin zu Recht sagt, dass Europa sein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse, dann liegt in den deutsch-französischen Beziehungen der Schlüssel dazu.

Nur wenn die Europäer endlich an einem Strang ziehen, können sie das gefährliche Vakuum, das der neue amerikanische Isolationismus erzeugt, zumindest teilweise füllen. Es ist gut und richtig, dass sich auch der neue französische Präsident dafür zuständig sieht, zwischen Katar und Saudi Arabien zu vermitteln.

Zuletzt ruhten die Hoffnungen auf Deutschland und auf der Kanzlerin solche Aufgaben zu übernehmen. Aber Deutschland hat ja noch nicht einmal einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Zum globalen Akteur können Deutschland und Frankreich nur gemeinsam mit einer starken EU im Rücken werden.

Die Deutschen wiederum werden sich klar machen müssen, dass eine Kooperation in der Außen- und Sicherheitspolitik alleine Europa nicht einen kann. Vielmehr benötigt Europa auch eine gemeinsame auf Wachstum, insbesondere in den südeuropäischen Ländern, angelegte Wirtschaftspolitik. Ansonsten werden die Südländer zu Recht nicht verstehen, welchen Wohlstand sie in einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eigentlich absichern sollen.

Deutschland wird nicht umhin kommen, im Eigeninteresse mehr in die Europäische Union zu investieren. Doch es wird nicht helfen, einfach nur mehr Geld in die EU zu geben. Das zeigen Sozial- und Arbeitsmarktprogramme, deren Fördertöpfe die Mitgliedsländer nicht nutzen. Die EU sollte vielmehr eine geschickte Mischung schaffen aus gezielten Investitionen und neuen Impulsen für den Freihandel auch außerhalb Europas.

Macrons Wahlerfolge sind auch ein wunderbarer Triumph über die Rechtspopulisten in Europa. Während Großbritannien, das den rechtspopulistischen Verlockungen des Brexits gefolgt ist, derzeit im politischen Chaos versinkt, schickt sich Frankreich an, mit einem pro-europäischen Sozialliberalen seine Probleme zu lösen — anstatt sie von Rechtspopulisten instrumentalisieren zu lassen.

Das ist ein schöner Sieg der Demokratie, aber gewiss kein Grund sich zurückzulehnen. Sollte sich bei Macron kein Erfolg einstellen, dann könnten die Rechtspopulisten umso stärker zurückkehren — nicht nur in Frankreich.

(qua)
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