Nach Großdemo in Köln Türkei will Gesandten der deutschen Botschaft einbestellen

Ankara · Die Pro-Erdogan-Demonstration in Köln hat offenbar noch ein politisches Nachspiel: Das türkische Außenministerium will den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara einbestellen.

Pro-Erdogan-Demo in Köln: Bis zu 30.000 Teilnehmer
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Pro-Erdogan-Demonstration in Köln

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Das ist für Montagmittag geplant, berichtet die Deutsche Presse-Agentur dpa unter Verweis auf eine zuverlässige Quelle in Ankara. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub, daher nimmt der Gesandte — sein Stellvertreter — den Termin wahr. Das Gespräch sei um 13 Uhr (12 Uhr MESZ) geplant, sagte eine Sprecherin der Botschaft am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, sagte, die Bitte zum Gespräch sei zwischen Staaten eine "tagtäglich vorkommende Normalität". "Das ist zunächst einmal nichts Außergewöhnliches. Es ist gute Gepflogenheit, einer solchen Einladung Folge zu leisten."

Pro NRW und "Köln gegen Rechts": Demos in Köln
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Die türkische Regierung hatte scharfe Kritik daran geäußert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich am Sonntag nicht per Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte das Verbot durch das Bundesverfassungsgericht inakzeptabel genannt. Kalin hatte eine "befriedigende Erklärung" Deutschlands dafür verlangt.

Deutschland will Botschafter Erdmann trotz der jüngsten Spannungen auf seinem Posten lassen. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, sagte am Montag in Berlin, es gebe keine Überlegungen, den Botschafter abzuziehen. "Das wäre auch kontraproduktiv, so etwas so zu tun. Der Abbruch von Dialog und Kommunikation wäre ganz sicher nicht das richtige Mittel."

Pressestimmen zur Pro-Erdogan-Demo in Köln
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"Der Preis, den die Demokratie zahlen muss"

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Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs. Eigentlich hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdogan auf einer Großleinwand live zuzuschalten — dies war angesichts der aufgeheizten Stimmung aber verboten worden.

Nach Angaben der Polizei nahmen 30.000 bis 40.000 Menschen an der Kundgebung teil. Es gab mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Im Einsatz waren 2700 Beamte, auch Wasserwerfer standen bereit.

Der Kundgebungsplatz glich einem roten Meer aus türkischen Flaggen.
Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer des Putschversuches in der Türkei sowie der Opfer der jüngsten Terroranschläge in Frankreich, Deutschland und der Türkei.

Gegen Ende der Veranstaltung wurde eine Botschaft Erdogans verlesen. In dieser lobte er, dass sich die türkische Bevölkerung den Putschisten mutig entgegengestellt habe. Er dankte auch den türkischen Bürgern, die in Deutschland auf die Straße gegangen seien. "Heute ist die Türkei stärker als sie je vor dem 15. Juli gewesen ist", hieß es.

Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich. In der Türkei läuft seither eine von der Regierung so genannte Säuberungswelle gegen mutmaßliche Unterstützer Gülens im Militär, in der Polizei, den Medien, der Justiz und im Bildungswesen. Knapp 18.700 Menschen wurden festgenommen, gegen 10.137 ergingen nach Angaben Erdogans Haftbefehle. Die harten Maßnahmen wurden besonders aus der EU kritisiert.

(felt/dpa/AFP)
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