Irak Mindestens 25 Tote überschatten Parlamentswahlen

Bagdad (RPO). Begleitet von blutigen Anschlägen mit mindestens 25 Todesopfern wählen die Iraker am Sonntag ein neues Parlament. Im Vorfeld hatten sunnitische Extremisten mit Gewalt gedroht. Viele Iraker ließen sich dennoch nicht einschüchtern: Bereits am frühen Morgen suchten sie die Wahllokale auf und zeigten mit ihren blauen Fingern stolz, dass sie ihre Rechte wahrgenommen haben.

Iraker wählen unter Lebensgefahr
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Die Aufstandsbewegung sunnitischer Extremisten hatte für den Wahltag mit Gewalt gedroht. "Diese Taten werden den Willen des irakischen Volkes nicht untergraben", sagte Regierungschef Nuri al-Maliki nach seiner Stimmabgabe.

Im Nordosten der irakischen Hauptstadt wurde am Morgen ein zweigeschossiges Wohnhaus von mehreren Mörsergranaten zerstört. Aus den Trümmern im Stadtteil Ur wurden 14 Menschen tot geborgen, unter ihnen vier Kinder. Die Polizei hinderte einen Fotografen der Nachrichtenagentur AP an der Bildberichterstattung. Bei weiteren Anschlägen kamen in Bagdad sieben Menschen ums Leben. Auch in Richtung der Grünen Zone wurden Granaten abgefeuert, dort befinden sich das Parlamentsgebäude und die US-Botschaft. Außerdem wurden aus dem 30 Kilometer südlich gelegenen Mahmudija und weiteren Orten Bombenanschläge gemeldet.

Im überwiegend sunnitischen Stadtteil Asamijah zählte die Polizei am Morgen Explosionen von mindestens 20 Granaten. Die meisten Bewohner ließen sich davon aber offenbar nicht abschrecken. "Ich habe keine Angst und ich werde nicht zu Hause bleiben", sagte der 40-jährige Walid Abid, während einige hundert Meter eine Granate einschlug. "Wenn ich nicht wähle, wird es in Asamijah nur noch schlimmer."

Trotz der Gewalt lockerten die Behörden ein Fahrverbot im Zentrum von Bagdad überraschend. Privat-Pkw könnten dort wieder fahren, teilte ein Sprecher der Sicherheitskräfte am Sonntag mit. Busse und Lastwagen dürften aber weiterhin nicht auf die Straßen. Der Sprecher nannte keinen Grund für die Teilaufhebung des Fahrverbots, mit dem Autobomben-Attentate auf Wahllokale verhindert werden sollten. Es sollte ursprünglich von Samstagabend bis Montagmorgen gelten.

Farbig markierter Finger als Zeichen der Stimmabgabe

Bei der zweiten Parlamentswahl seit dem Krieg zum Sturz von Saddam Hussein bewarben sich etwa 6.200 Kandidaten um die 325 Mandate. Wahlberechtigt waren 19 Millionen Bürger.

Bereits am Morgen gingen viele Bewohner der Hauptstadt zu ihrem Wahllokal. Nach der Stimmabgabe zeigten sie stolz ihren mit purpurner Farbe markierten Finger. Zu den ersten Wählern in der kurdischen Stadt Sulamanijah gehörte der irakische Präsident Dschalal Talabani.

Bei der Wahl geht es um die Mehrheit zwischen einem radikalen schiitischen Lager auf der einen und einer Gruppe von gemäßigten Parteien auf der anderen Seite. Der amtierende Ministerpräsident Al-Maliki tritt mit seiner Dawa-Partei für einen Mittelweg zwischen säkularer und religiös beeinflusster Politik ein.

Bedrängt wird die Koalitionsregierung von der Irakischen Nationalallianz (INA), die als Iran-freundlich gilt. Sie wird angeführt vom Oberstem Obersten Islamischen Rat Iraks (SIIC), der auch von dem antiiamerikanischen Geistlichen Muktada al Sadr unterstützt wird. Auf der anderen Seite steht das Irakija-Bündnis unter Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Ajad Allawi, einem Schiiten, und des sunnitischen Politikers Saleh al Mutlak.

Die US-Streitkräfte sind im Irak noch mit weniger als 100.000 Mann vertreten. Bis zum Ende des Sommers in diesem Jahr sollen es nur noch 50.000 Soldaten sein. 2012 sollen die letzten US-Soldaten abgezogen sein.

(apd/sdr/RTR)
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