Tony Abbott gestürzt Malcolm Turnbull — neuer Premierminister für Australien

Sydney · Ein Jahr vor der nächsten Wahl bekommt Australien überraschend einen neuen Regierungschef. Der bisherige Premierminister Tony Abbott (Liberale) war von seiner eigenen Fraktion abgewählt worden.

 Der Neue: Malcolm Turnbull (Liberale) regiert ab sofort Australien.

Der Neue: Malcolm Turnbull (Liberale) regiert ab sofort Australien.

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Die Liberale Partei hatte in den Umfragen konstant hinter der oppositionellen Laborpartei abgeschnitten. Neuer Premierminister ist der im Volk deutlich beliebtere Jurist Malcolm Turnbull.

Seit Monaten hatten sich hartnäckige Gerüchte gehalten, dass Turnbull den bisherigen australischen Regierungschef Tony Abbott ablösen könnte. Am Montagabend kam es dann relativ unverhofft tatsächlich zu einer parteiinternen Abstimmung der Liberalen Partei.

Vier Staatschefs in fünf Jahren

 Tony Abbott war am Montag von seiner eigenen Fraktion abgewählt worden.

Tony Abbott war am Montag von seiner eigenen Fraktion abgewählt worden.

Foto: dpa, sm ah ase

Während dieser "Revolte" wurde Tony Abbott von seinen Parteikollegen in Canberra abgewählt. Er unterlag seinem Herausforderer Malcolm Turnbull mit 44 zu 54 Stimmen. Damit wird Turnbull nun der 29. Premierminister Australiens.

Dass Australien innerhalb einer Wahlperiode den Regierungschef wechselt, ist in den vergangenen Jahren beinahe schon zur Gewohnheit geworden. Auch die frühere Labor-Regierung hatte mit der gleichen Methode 2010 von Kevin Rudd zu Julia Gillard und 2013 wieder von Gillard zu Rudd gewechselt. Doch eigentich hatte die liberale Partei bei ihrem Wahlsieg vor zwei Jahren noch Beständigkeit versprochen.

Wachsende Unbeliebtheit beim Volk

Dass dieses Wahlversprechen nun gebrochen wurde, hat mit den konstant schlechten Umfragewerten zu tun, die Tony Abbott in den vergangenen Monaten erzielt hat. Das Volk verlor das Vertrauen in ihn, nachdem die Staatsschulden, Arbeitslosenzahlen und Steuern nach oben gingen, während Abbott die Budgets von Krankenhäusern und Schulen zusammenstrich und Studiengebühren erhöhen wollte.

Außerdem erschütterten diverse peinliche Situationen und Skandale den Regierungschef und seine Minister. Einer der ersten Steine des Anstoßes war die Ernennung von Prinz Philip zum Ritter, die Abbott national wie international hämische Schlagzeilen einbrachte. Übel nahmen ihm viele auch eine Kampagne gegen den staatlichen Sender ABC sowie gegen Windfarmen und die insgesamt eher nachlässige Art gegenüber dem Thema Klimawandel. Erst am Wochenende hatten sich Abbott und zwei seiner Minister in einem privaten Gespräch, das zufällig über Mikrofon übertragen worden war, über das Schicksal der Pazifikstaaten in der Nachbarschaft von Australien lustig gemacht, deren Inseln durch den steigenden Meeresspiegel vom Untergang bedroht sind.

Ignoranz gegenüber dem "kleinen Mann"

Die Ignoranz gegenüber dem "kleinen Mann" hinterließ auch innerhalb Australiens einen schlechten Nachgeschmack, als der im Volk ebenfalls wenig beliebte Finanzminister Joe Hockey einst im Rahmen seines Haushaltsbudgets kommentierte, dass arme Leute ja keine Autos fahren würden. Ganz im Kontrast dazu wurde später die liberale Parlamentssprecherin Bronwyn Bishop zum Rücktritt gezwungen, als ihr exzessiver Lebensstil mit Limousinenfahrten und Helikopterflügen auf Kosten des Steuerzahlers ans Tageslicht kam.

Mit einer Abwahl des inzwischen unbeliebten Tony Abbott erhofft sich die liberale Partei, das Ruder vor den Wahlen im kommenden Jahr nochmal herumreißen zu können. Der 60-jährige, charismatische Malcolm Turnbull gilt als deutlich gemäßigterer Konservativer, der anders als Abbott das Thema Klimawandel ernst nimmt und beispielsweise einen Emissionshandel unterstützt. Abbott dagegen hatte während seiner Amtszeit eine von den Sozialdemokraten eingeführte Klimasteuer wieder abgesetzt.

Turnbull, der nach seiner Schulzeit in Sydney in Oxford Jura studiert hat, unterstützt zudem die Homo-Ehe und spricht sich dafür aus, der britischen Monarchie den Rücken zuzuwenden und Australien in eine Republik umzuwandeln.

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