Nahost-Konflikt Besorgnis in aller Welt nach Trumps Jerusalem-Entscheidung

Washington · Weltweit trifft die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, fast einhellig auf Ablehnung. Mit Ausnahme Israels kritisierten Politiker rund um den Globus den beispiellosen Schritt. Am Freitag trifft sich der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung.

 UN-Generalsekretär António Guterres distanzierte sich von der Entscheidung von US-Präsident Trump.

UN-Generalsekretär António Guterres distanzierte sich von der Entscheidung von US-Präsident Trump.

Foto: dpa, zeus jhe

Trump wies das US-Außenministerium an, sofort mit den Vorbereitungen für den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen, wie er in einer Ansprache im Weißen Haus mitteilte. Der US-Präsident sprach von einem "lange überfälligen" Beschluss. Er betonte, dass er mit seiner Entscheidung das Engagement seines Landes für einen "dauerhaften Frieden" in Nahost nicht in Frage stelle.

Trumps Entscheidung hatte bereits im Vorfeld Ängste vor einem neuen Flächenbrand in Nahost ausgelöst. Der endgültige Status von Jerusalem ist einer der größten Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Die Palästinenser beanspruchen den 1967 von Israel besetzten und dann 1980 annektieren Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt ihres angestrebten eigenen Staates. In der internationalen Gemeinschaft herrschte bislang Konsens darüber, dass der Status der Stadt in Friedensgesprächen zwischen Israelis und Palästinensern geklärt werden muss.

Ein "historischer Tag"

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer "mutigen und gerechten Entscheidung" und einem "historischen Tag". Im Gazastreifen protestierten dagegen am Abend mehrere tausend Menschen gegen die US-Entscheidung. Sie verbrannten Flaggen der USA und Israels und skandierten Parolen wie "Tod für Amerika" oder "Tod für Israel". Im von Israel besetzten Westjordanland waren für Donnerstag Demonstrationen angekündigt.

 In Gazah kam es zu ersten Protesten gegen Trumps Entscheidung.

In Gazah kam es zu ersten Protesten gegen Trumps Entscheidung.

Foto: rtr, SAL/

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte im palästinensischen Fernsehen, "diese beklagenswerten und unannehmbaren Maßnahmen" würden "bewusst alle Friedensbemühungen" untergraben. Damit gebe Washington seine "Rolle als Förderer des Friedensprozesses" auf, den es im vergangenen Jahrzehnt innegehabt habe.

Auch die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) kritisierte, dass die USA sich nun für jede vermittelnde Rolle im Nahost-Konflikt "disqualifiziert" hätten. Trump habe "die Zwei-Staaten-Lösung zerstört", sagte PLO-Generalsekretär Sajeb Erakat. Damit ist die friedliche Koexistenz eines Palästinenserstaats mit Israel am Ende eines Friedensprozesses gemeint.

Die radikale Palästinenserorganisation Hamas erklärte, Trump habe auch den US-Interessen geschadet und für sein Land "das Tor zur Hölle" aufgestoßen. Die Hamas hatte bereits vor der Rede des US-Präsidenten mit einem neuen Palästinenseraufstand, der dritten Intifada, gedroht.

Saudi-Arabien nannte die Entscheidung "ungerechtfertigt und unverantwortlich". Sie verstoße gegen die "historischen und permanenten Rechte des palästinensischen Volkes", erklärte der Palast in Riad.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging auf Distanz zu der US-Entscheidung. "Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht, weil der Status von Jerusalem im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln ist", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in der ARD, mit der US-Entscheidung werde "Öl ins Feuer" gegossen. Die Interessen der Palästinenser würden ignoriert.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte in Brüssel, die Europäische Union sei "zutiefst besorgt" über die Ankündigung des US-Präsidenten und "die Auswirkungen, die diese auf die Friedensperspektiven haben kann".

Der UN-Sicherheitsrat befasst sich am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit der Entscheidung Washingtons. Die Tagung des obersten UN-Gremiums war von acht Ländern beantragt worden. Dabei solle UN-Generalsekretär Antonio Guterres Bericht erstatten, teilte die schwedische Vertretung bei der UNO mit.

(csr)
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