Krise in Venezuela Generalstaatsanwältin gerät durch Gerichtshof in Bedrängnis

Caracas · In Venezuela eskaliert die politische Krise: Das Oberste Gericht des Landes hat den Weg für die Strafverfolgung der Generalstaatsanwältin freigemacht. Sie war dem Präsidenten vehement entgegengetreten - was ihr nun zum Verhängnis werden könnte.

Demonstranten in Venezuela.

Demonstranten in Venezuela.

Foto: rtr, IA/cvi

Der venezolanische Oberste Gerichtshof hat den Weg frei gemacht für eine Strafverfolgung der Generalstaatsanwältin des Landes. Die Immunität von Luisa Ortega Díaz werde aufgehoben, weil sie vermutlich "gravierende" Fehler in ihrer Rolle als Chefanklägerin des Landes begangen habe, teilte das Gericht am Dienstag mit. Die Entscheidung erfolgte auf Antrag eines sozialistischen Politikers.

Ortega sah in dem Schritt des Gerichts weniger einen Angriff gegen sie als vielmehr eine Attacke auf die Grundpfeiler der Demokratie. Über dem Land hingen "düstere Aussichten", die den Staat zerstören könnten, sagte sie Union Radio.

Auch die Opposition verurteilte die Entscheidung. Ortega Díaz gilt für sie als Überraschungsheldin, nachdem die eigentlich loyal zu Präsident Nicolás Maduro stehende Staatsanwältin mit ihm in Streit darüber geraten war, dass er die Macht im Land auf sich konzentrieren will. Maduro plant, die Verfassung des Landes umschreiben zu lassen.

Zudem waren die derzeitigen fast täglichen Proteste im Land auf die Entscheidung des höchsten Gerichts Ende März gefolgt, dem von der Opposition kontrollierten Parlament die Macht zu entziehen. Diese Anordnung wurde nach internationaler Kritik wieder rückgängig gemacht.

Die Allianz der Demokratischen Einheit versprach, ihre Kampagne auf den Straßen Venezuelas zur Absetzung Maduros zu verdoppeln. Die Venezolaner müssten sich selbst in Ausschüssen organisieren, um die Demokratie im Land wiederherzustellen und Maduros Pläne für eine Wahl von Delegierten im Juli zu blockieren, die anschließend die Verfassung neu schreiben sollen. Der oppositionelle Parlamentspräsident Julio Borges sagte, alle Bürger müssten aufstehen, um die Demokratie zu retten.

Bereits am Montag hatte Ortega Díaz versprochen, ihren Kampf gegen die Korruption im Land fortzusetzen. Sie ermittelte in mehreren Fällen gegen hochrangige Regierungsmitarbeiter. Es müsse gefragt werden, woher das Geld komme, dass Politiker für Auftritte auf Bühnen und regierungstreue Demonstrationen ausgeben würden. "Vielleicht würde das, was sie auf Bühnen ausgeben, besser für den Kauf von Medizin und Lebensmitteln genutzt werden", sagte sie. In Venezuela sind Medikamente und Produkte für den täglichen Bedarf knapp.

Mitte Juni hatte sie das Gericht aufgefordert, acht Richtern des Gremiums die rechtliche Immunität zu entziehen, um sie wegen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung anzuzeigen. "Es wäre der Tod des Gesetzes, wenn wir diese Richter in der Kammer weitermachen lassen", sagte Ortega Díaz vor einer Woche mit Blick unter anderem auf die Entscheidung des Gerichts, den Kongress kaltzustellen.

Bei den Protesten im Land sind bisher mindestens 70 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte wurden verletzt oder inhaftiert.

(th/ap)
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