Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet Katalonien wählt neues Regionalparlament

Barcelona · Am Donnerstag hat in Katalonien die mit Spannung erwartete Neuwahl des Regionalparlaments begonnen. Zur Abstimmung in der spanischen Krisenregion sind mehr als 5,5 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen. Vor vielen der 2680 Wahllokale hatten sich am Morgen bereits Schlangen gebildet.

 Andrang in einem Wahllokal in Barcelona.

Andrang in einem Wahllokal in Barcelona.

Foto: rtr, AW

Die Abstimmung gilt als richtungsweisend für die spanische Krisenregion, die nach einem von der Justiz verbotenen Unabhängigkeitsreferendum im Oktober ins politische Chaos abgerutscht war. Mehr als 15.000 Polizeibeamte sind im Einsatz, um die Sicherheit während der Wahl zu gewährleisten.

Nach Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den separatistischen Parteien und den Unabhängigkeitsgegnern ab. Die Wahllokale schließen um 20 Uhr. Am späten Abend soll das Ergebnis bekanntgegeben werden.

Die Neuwahl war von der Zentralregierung in Madrid ausgerufen worden, nachdem diese Ende Oktober die Regionalregierung von Carles Puigdemont entmachtet und selbst die Kontrolle in der Krisenregion übernommen hatte. Die reguläre Legislaturperiode wäre in Katalonien bis 2019 gelaufen.

Der nach Belgien geflohene abgesetzte Regionalregierungschef Carles Puigdemont sagte in Brüssel, die Wahl in seiner Heimat sei "außerordentlich wichtig". Aus den Wahlergebnissen werde die Formel entstehen, um die Demokratie in Katalonien wiederherzustellen. Eine Wahl sei nicht normal, wenn Kandidaten im Gefängnis säßen oder im Exil lebten. Per Twitter dankte er einer 18-jährigen Frau, die in seinem Auftrag nahe Barcelona einen Stimmzettel abgegeben hatte.

Puigdemont war nach seiner Absetzung mit mehreren Ministern nach Belgien geflohen, um seiner Festnahme zu entgehen. Er will als Regionalpräsident wiedergewählt werden - trotz der Tatsache, dass ihm die sofortige Festnahme droht, wenn er nach Spanien zurückkehrt.

Die oberste Kandidatin der Einheitsbefürworter, Inés Arrimadas, versprach den Katalanen, die soziale Spaltung in der Region zu beenden. "Wir werden sehr hart dafür kämpfen, dass Katalonien zur Normalität zurückkehrt", sagte sie nach ihrer Stimmabgabe in Barcelona. Der Kandidat der sozialistischen PSC, Miquel Iceta, forderte einen "Richtungswechsel" der katalanischen Politik.

Viele Katalanen sind unzufrieden über die derzeitige Spaltung ihrer Region über die Autonomiefrage. "Das Problem, das wir haben, ist, dass die Leute jetzt entzweit sind. Du bist entweder für uns oder gegen uns", sagte der 64 Jahre alte Rentner Manuel Abella, der für die liberale Ciutadans-Partei stimmte, in Barcelona. "Ich habe das in meiner eigenen Familie erlebt. Wir sind an dem Punkt angekommen, an dem wir nicht mehr über Politik reden können."

Sergi Balateu, ein 37 Jahre alter Marketing-Direktor, stimmte für das katalanische Unabhängigkeitsbündnis. "Für mich ist es eine Frage der Identität. Ich fühle mich mehr katalanisch als spanisch", sagte er nach der Stimmabgabe.

(csr)
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