Häuser der Täter werden zerstört Israel beginnt mit Strafaktion gegen Palästinenser

Jerusalem · Die Lage in Jerusalem eskaliert: Nach dem blutigen Angriff in einer Jerusalemer Synagoge hat Israel mit Strafmaßnahmen gegen Palästinenser begonnen.

 Ein Palästinenser steht in den Trümmern der verwüsteten Wohung von Abdel Rahman al-Shaludi.

Ein Palästinenser steht in den Trümmern der verwüsteten Wohung von Abdel Rahman al-Shaludi.

Foto: ap

In Ostjerusalem wurde in der Nacht zum Mittwoch das Haus eines mutmaßlichen Gewalttäters abgerissen, der allerdings mit dem aktuellen Fall nichts zu tun hatte. Papst Franziskus appellierte eindringlich an Israelis und Palästinenser, einen Weg zum Frieden zu suchen.

"Frieden aufzubauen ist schwierig, aber ohne Frieden zu leben ist eine Qual", sagte der Papst in Rom. Er sei sehr besorgt über die wachsenden Spannungen im Heiligen Land. Franziskus forderte beide Seiten auf, die Hass- und Gewaltspirale zu durchbrechen. Denn nach dem Synagogen-Attentat befürchten viele eine weitere Zuspitzung im Nahost-Konflikt.

Am Dienstag waren zwei Palästinenser mit Messern, Beilen und Schusswaffen in das Gotteshaus im orthodoxen Viertel Har Nof in Westjerusalem eingedrungen und hatten vier betende Juden getötet - drei Zuwanderer aus den USA und einen aus Großbritannien. Ein Polizist zog sich zudem beim Einsatz gegen die Angreifer schwere Verletzungen zu, an denen er später starb. Weitere fünf Menschen wurden verletzt. Die beiden Attentäter wurden von der Polizei erschossen.

Danach hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine harte Reaktion angekündigt. So sollen auch die Häuser der beiden Synagogen-Attentäter - nach Polizeiangaben zwei Cousins aus Ostjerusalem - dem Erdboden gleichgemacht werden. Begonnen wurde die Abrissaktion aber in der Nacht zum Mittwoch am Haus eines Palästinensers, der im Oktober sein Auto in eine Menge an einer Bahnhaltestelle gesteuert und zwei Menschen getötet hatte.

Nach dem Abriss des ersten Hauses saß die Großmutter des bei dem Anschlag getöteten Attentäters in den Trümmern und sagte, sie sei stolz. "Niemand soll wegen unseres zerstörten Hauses mit uns Mitleid haben", sagte sie. Israel hatte den Häuser-Abriss bis 2005 recht häufig als Strafmaßnahme angewandt, seither aber nur sporadisch, weil die abschreckende Wirkung auf künftige Gewalttäter bezweifelt wurde.

In den vergangenen Wochen waren insgesamt elf Israelis bei Gewaltakten umgekommen, darunter neun in Jerusalem und je einer in Tel Aviv und im Westjordanland. Mehrfach wurden Autos in Menschenmengen gesteuert, mehrfach Israelis mit Messern angegriffen.

Das Attentat in der Synagoge war aber aus israelischer Sicht der schlimmste Anschlag im Land seit sechs Jahren. Bei einem Angriff auf ein jüdisches Rabbinerseminar im März 2008 waren acht Studenten getötet worden.

In die Synagoge von Har Nof kehrten jüdische Gläubige am Mittwoch zum Gebet zurück. Einer der Gläubigen, Gavriel Cohen, sagte, der Angriff zeige, "dass unsere Zukunft in dieser Welt abhängig von Gott ist".

Einer der wichtigsten Konfliktpunkte zwischen Israelis und Palästinensern war zuletzt der Zugang zum Tempelberg, der beiden heilig ist. Die Anhöhe steht unter muslimischer Verwaltung, doch wollen radikale Juden dort mehr Zugang, was die Palästinenser empört. Netanjahu hat allerdings versichert, er wolle keine Änderung am Tempelberg.

(ap)
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