US-Allianz bombardiert Raffinerien in Syrien Öl-Schmuggel — der IS scheffelt täglich Millionen

Raqqa · Seit zwei Tagen nimmt die US-Allianz die 14 Öl-Anlagen unter Kontrolle des IS unter Feuer. Das Bombardement soll die wohl wichtigste Geldquelle der Dschihadisten trockenlegen. Mit Hilfe von Saddams alten Schmuggelpfaden setzen die das schwarze Gold zum Dumpingpreis ab - genug für satte Millionengewinne.

Isis/IS - Islamischer Staat im Irak und Syrien
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Foto: dpa, sdt moa

In der Nacht auf Donnerstag begann die Aktion. Die USA und ihre arabischen Verbündeten bombardierten gezielt von Dschihadisten kontrollierte Anlagen der Ölindustrie in östlichen Provinzen Syriens. Tags darauf setzten die Fluggeschwader die Angriffe fort. Nach Angaben der USA beteiligten sich mehr arabische Kampfjets als Maschinen der US-Luftwaffe. Die Pilotin Mariam al-Mansouri aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wird im Netz bereits als Heldin gefeiert.

Indem die Allianz systematisch die Öl-Quellen angreift, verfolgt sie das Ziel, den IS im Innersten zu treffen. Der Terror mit Hightech-Waffen kostet Geld, viel Geld. Anfangs finanzierte sich der IS aus mehreren Quellen, dazu gehörten neben dem Öl Menschenhandel, Erpressung, Schutzgelder und nicht zuletzt die großzügige Unterstützung von sympathisierenden Geldgebern aus dem arabischen Umland.

Der IS braucht keine reichen Gönner mehr

Doch diese Finanziers sind zunehmend weggebrochen. Der internationale Druck wurde zu groß. Gut in Erinnerung ist etwa noch der Besuch des Emirs von Katar in Berlin, der stets ganz oben auf der Liste der Verdächtigen stand. Angesichts der Gräueltaten der Steinzeit-Islamisten in ihrem Herrschaftsgebiet will niemand mehr mit ihnen in Verbindung gebracht werden.

Doch auf reiche Gönner aus den Golfstaaten ist die Terrormiliz inzwischen auch nicht mehr angewiesen. Die Mittel der IS "übersteigen die von allen anderen terroristischen Gruppen in der Geschichte", heißt es beim US-Geheimdienst. Der Reichtum sprudelt aus den Ölquellen: die Dschihadisten verkaufen das Öl aus Quellen in ihrem Herrschaftsgebiet über Schmuggelrouten, mit denen schon Saddam Hussein jahrelang erfolgreich die Sanktionen gegen sein Regime unterwandert hat.

Auf Saddams alten Schmuggelrouten

Das Rohöl wandert auf den geheimen Pfaden zum Verkauf über Zwischenhändler in der Türkei, im Irak, Iran und in Jordanien. Nach Schätzungen des US-Militärkommandos Centcom produzieren die Anlagen etwa 300 bis 500 Barrel Öl täglich, was täglichen Einnahmen in Höhe von rund zwei Millionen Dollar (1,5 Millionen Euro) entspreche. Andere Experten sprechen von bis zu fünf Millionen Dollar täglich.

Dabei erweisen sich die vermeintlichen Hinterwäldler aus der Steinzeit als ausgebuffte Geschäftsleute. Bestechung ist an der Tagesordnung, damit das Geld und Öl weiter sprudeln, kooperieren sie selbst mit Andersgläubigen, die sie sonst massakrieren. "Da ist viel Geld zu verdienen", weiß Denise Natali, Forschungsstipendiatin an der National Defense University. "Die Kurden haben nach eigenen Angaben versucht, die Routen zu schließen, aber man muss nur einen Grenzbeamten bezahlen, um seine Waren durchzubringen."

Das Barrel zum Discounterpreis

Vor allem die Grenze zwischen dem Irak und der Türkei erweist sich als El Dorado der Öl-Schmuggler. Angeblich reicht die Tradition schon Generationen zurück. Über getarnte Landwirtschaftsfahrzeuge, Boote, Eselsfuhren und ähnlich unauffällige Transportmittel wird das schwarze Gold außer Landes gebracht. Dann verkauft der IS sein Öl zum Schnäppchen-Preis: 25 bis 60 Dollar kostet das Barrel, das sonst für mehr als 100 Dollar gehandelt wird.

Ausschlaggebend für den immensen Öl-Reichtum war für den IS insbesondere die Eroberung von irakischen Gebieten. Dort nämlich sind die Reserven weitaus größer als in ihrem Stammland Syrien. Die Profitgier lässt auch an diesen Grenzen die Feindschaft vergessen. Syriens Regime gestattet den Islamisten sogar, das Öl über staatliche Pipelines zu transportieren und kassiert im Gegenzeug seinen Anteil.

Das Öl sprudelt anarchisch

Die US-Streitkräfte begründen nun die Bombardierung der Raffinerien damit, dass der IS mit Hilfe der Anlagen Millionen einnehme und damit die Angriffe im Irak und in Syrien finanziere. Doch ob der Plan der Militärstrategen aufgeht, bleibt höchst fraglich. Mit Bomben lässt sich der Strom voraussichtlich nicht stoppen: Die sogenannten Öl-Anlagen verteilen sich auf zahlreiche kleinere Quellen, betrieben nicht etwa von global operierenden Konzernen, sondern regional verankerten Clans und Familien.

Die kleinen und dezentral verteilten Ziele erschweren es, mit Luftschlägen entscheidende Treffer zu setzen. Zudem sind es immer noch unbeteiligte Zivilisten, die unter der Knute des IS an den Bohrstellen arbeiten. Angeblich kamen bei den Angriffen bereits fünf Unschuldige ums Leben.

(pst)
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