Luftangriffe im Irak und Syrien IS und PKK: Die Türkei eröffnet zwei Fronten

Ankara · Die Türkei hat erstmals seit der Ankündigung eines Friedensabkommens vor zwei Jahren Luftangriffe gegen Ziele der kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak geflogen. Zugleich bombardierte sie nach Behördenangaben vom Samstag erneut Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien. Verteidigungsministerin von der Leyen kritisiert das Vorgehen.

 Türkische Kampfjets haben Angriffe auf IS- und PKK-Stellungen geflogen.

Türkische Kampfjets haben Angriffe auf IS- und PKK-Stellungen geflogen.

Foto: ap

Die Angriffe auf die PKK erschweren die von den USA angeführte Kampagne gegen den IS, die sich auf kurdische Truppen am Boden gestützt hat. Die PKK stellte nach den Luftangriffen das Friedensabkommen mit Ankara von 2013 infrage. "Die Türkei hat den Waffenstillstand praktisch beendet", sagte PKK-Sprecher Zagros Hiwa der Nachrichtenagentur AP. Ankara betrachtet die PKK als Terrororganisation.

Nach einem verheerenden Terroranschlag auf eine Veranstaltung kurdischer Jugendlicher in der türkischen Grenzstadt Suruc hatte die Türkei am Freitag erstmals IS-Stellungen in Syrien bombardiert. Das Selbstmordattentat hatte gleichzeitig neue Spannungen mit der PKK geschürt: Sie wirft Ankara vor, den Anschlag nicht verhindert zu haben. In einer Vergeltungsaktion tötete die PKK nach eigenen Angaben zwei türkische Polizisten nahe der Grenzstadt Sanliurfa.

 Das Bild zeigt eine vermeintliche IS-Stellung in Syrien.

Das Bild zeigt eine vermeintliche IS-Stellung in Syrien.

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Der Zwei-Fronten-Konflikt der Türkei mit dem IS und den Kurden macht die Lage an der Südgrenze des Nato-Landes noch brisanter. Kurdische Einheiten hatten in den vergangenen Monaten Erfolge im Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak verbucht und gelten dem Westen als recht verlässliche Partner.

Die Türkei sieht die wachsende Macht der Kurden dagegen mit Sorge, weil sie neue Autonomiebestrebungen im eigenen Land fürchtet. Die PKK setzt sich seit 1984 für Eigenständigkeit ein, ließ sich aber vor zwei Jahren auf den Friedensprozess ein.

Die türkischen Kampfjets nahmen nach Regierungsangaben unter anderem die Kandil-Berge ins Visier, wo die PKK-Führung ihren Sitz hat. Details zu den angegriffenen IS-Zielen wurden nicht genannt. In einer Erklärung hieß es aber, die Luftangriffe in Syrien und im Irak seien effektiv gewesen. Das Militär bombardierte nach Regierungsangaben auch grenznahe Stellungen des IS und der PKK in Syrien.

PKK-Sprecher Hiwa sagte, die Kampfjets hätten Dörfer in den Kandil-Bergen getroffen, aber nicht das Basislager der PKK. Seinen Angaben zufolge gab es offenbar keine Todesopfer.

Bundesverteidigungsministerin von der Leyen übte Kritik an dem Vorgehen der Türkei gegen die PKK. Es sei wichtig, dass Ankara "den eingeschlagenen Pfad der Versöhnung" mit der kurdischen Arbeiterpartei nicht verlasse, sagte die CDU-Politikerin der "Bild am Sonntag".

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu gab später bekannt, er habe "eine dritte Welle" von Razzien gegen den IS in Syrien und eine "zweite Welle" von Angriffen gegen die PKK im Norden des Iraks angeordnet. Details zu den angegriffenen Gebieten nannte er nicht. Die Operationen würden weiter gehen, sagte Davutoglu. Er warf der PKK vor, sich nicht an ein Versprechen gehalten zu haben, bewaffnete Kämpfer aus türkischem Territorium abzuziehen und die Waffen niederzulegen.

Die türkische prokurdische Demokratische Partei der Völker rief die Regierung auf, die Bombardierungskampagne einzustellen und wieder einen Dialog mit den Kurden aufzunehmen. In Paris protestierten mehr als 1000 Kurden und linksgerichtete Türken gegen die Angriffe auf die PKK.

Die türkische Regierung setzte am Samstag auch die Polizeirazzien im eigenen Land gegen mutmaßliche IS- und PKK-Anhänger sowie Sympathisanten der linksradikalen Partei DHKP-C fort, die am Vortag begonnen hatten. Fast 600 Personen seien bei Einsätzen in 22 Provinzen festgenommen worden, sagte Davutoglu.

(ap)
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