Atomverhandlungen USA dementieren Einigung mit dem Iran

Lausanne · Verwirrung beim Atomgipfel in Lausanne. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach in der Nacht von einer Grundsatzeinigung "in allen Schlüssenfragen". Die USA dementierten umgehend. Lawrow ist inzwischen abgereist.

Die Atomanlagen im Iran
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Foto: AFP, AFP

Inmitten widersprüchlicher Angaben zum Stand der Atomverhandlungen mit dem Iran sind die Beratungen in der Nacht unterbrochen worden. Während Russland und der Iran von entscheidenden Fortschritten und der russische Außenminister Sergej Lawrow gar von einer Grundsatzeinigung "in allen Schlüsselfragen" sprach, wies ein US-Vertreter dies zurück. Noch seien nicht alle Fragen geklärt, sagte er AFP.

"Wir können mit relativer Sicherheit sagen, dass wir auf Ministerebene eine grundsätzliche Einigung in allen Schlüsselfragen erzielt haben", zitierte die Nachrichtenagentur RIA Nowosti am frühen Mittwochmorgen den russischen Chefdiplomaten. Diese Vereinbarung werde nun "innerhalb der kommenden Stunden oder innerhalb eines Tages auf Papier gebracht", fuhr Lawrow fort. Offiziell verkündet werde das Grundsatzabkommen dann vom iranischen Außenminister Dschawad Sarif sowie von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Auch Sarif zeigte sich optimistisch: Es seien "gute Fortschritte" bei den Beratungen erzielt worden, sagte er. Er hoffe, dass die Arbeit am Mittwoch zu einem Ende gebracht werde. Dann könne mit der Verschriftlichung des finalen Abkommens begonnen werden, sagte der iranische Minister. Seinen Angaben zufolge sollten die Beratungen auf Ministerrunde am frühen Mittwochmorgen fortgesetzt werden.

Die USA widersprachen diesem Optimismus sogleich und wiesen die russische Darstellung zurück. "Alle Fragen sind noch nicht geklärt", sagte ein US-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Auch ein westlicher Diplomat sagte, ein Rahmenabkommen stehe noch nicht. Die Frist für eine politische Grundsatzvereinbarung zum iranischen Atomprogramm war eigentlich am Dienstag um Mitternacht abgelaufen. Es zeichnete sich aber schon Stunden vorher ab, dass die Gespräche in die Verlängerung gehen könnten.

In Lausanne beraten seit einigen Tagen die Außenminister der UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran. Nach Chinas Außenminister Wang Yi verließ indes am frühen Mittwochmorgen auch Frankreichs Chefdiplomat Laurent Fabius den Verhandlungsort in der Schweiz und reiste wegen eines Kabinettstreffens nach Paris zurück. Wenn es nötig sei, werde er umgehend wieder nach Lausanne aufbrechen, teilte die französische Regierung mit.

Vor Ort blieben außer Sarif auch Mogherini, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), US-Außenminister John Kerry und ihr britischer Kollege Philip Hammond. Das Treffen auf Ministerebene wurde gegen 01.00 Uhr nachts unterbrochen, nach Angaben einer EU-Vertreterin dauerten die Gespräche auf Geschäftsebene aber noch länger an.

US-Präsident Barack Obama konferierte unterdessen mit ranghohen Sicherheitsberatern. Nach Angaben der Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Bernadette Meehan, hielt er am Dienstagabend (Ortszeit) eine Videokonferenz ab. Von Kerry und weiteren Verhandlungsteilnehmern wurde er über den Stand der Gespräche in Lausanne informiert.

Seit mehreren Jahren bemühen sich die fünf UN-Vetomächte und Deutschland im Atomstreit mit dem Iran um eine Einigung. Ziel ist es, dem Land die zivile Nutzung der Atomtechnologie zu erlauben, es aber an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Im Gegenzug sollen internationale Sanktionen gelockert werden. Beide Seiten streben an, nach der politischen Grundsatzvereinbarung bis Ende Juni ein vollständiges Abkommen samt technischen Einzelheiten abzuschließen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im schweizerischen Lausanne verlassen. "Er ist abgeflogen", sagte eine Sprecherin seines Ministeriums am Mittwoch in Moskau. Weitere Angaben machte sie nicht. Lawrow hatte zuvor von einer Grundsatzeinigung "in allen Schlüsselfragen" gesprochen, was aus US-Verhandlungskreisen jedoch dementiert wurde.

Bereits von Montag auf Dienstag hatte er Lausanne über Nacht verlassen, zuvor aber seine Rückkehr angekündigt. Die selbstgesetzte Frist für eine Einigung der 5+1-Gruppe aus den UN-Vetomächten und Deutschland mit dem Iran war um Mitternacht abgelaufen. Die Verhandlungen sollten aber am Mittwochmorgen fortgesetzt werden.

Der chinesische Außenminister Wang Yi forderte die Verhandlungspartner zu Kompromissen auf. "Es ist wichtig, die Differenzen zu verringern", erklärte er am Morgen in Lausanne nach Angaben der chinesischen Delegation. "In dieser Schlussphase müssen alle Parteien bereit sein, sich in ihren Positionen anzunähern."

(AFP)
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