Erklärung auf Gipfel EU sieht Russland hinter Giftanschlag und ruft Botschafter zurück

Brüssel · Zwischen Brüssel und Moskau wird der Ton rauer. Aus Sicht der EU-Staats- und Regierungschefs steckt Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit hinter dem Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Skripal in Großbritannien. Deshalb ruft die EU ihren Botschafter aus Moskau zurück.

 Die Staats- und Regierungschefs der EU beim Gipfeltreffen in Brüssel.

Die Staats- und Regierungschefs der EU beim Gipfeltreffen in Brüssel.

Foto: Dragan Tatic/BUNDESKANZLERAMT/dpa

Das bestätigte am Freitagmorgen der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach Beratungen des EU-Gipfels. Der Botschafter werde für Konsultationen zurückgerufen.

Die Staats- und Regierungschefs verschärften zudem auch mit einer Gipfelerklärung den Ton gegenüber Russland. In ihr heißt es, man stimme mit der britischen Regierung darin überein, dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für den Anschlag in Salisbury trage, und dass es keine plausible alternative Erklärung gebe. Noch am Montag hatten sich die EU-Außenminister nicht auf eine klare Schuldzuweisung an Moskau einigen können.

Der frühere Doppelagent Skripal und seine Tochter Yulia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im englischen Salisbury gefunden worden. Sie wurden nach derzeitigem Ermittlungsstand mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Beide befinden sich noch in einem kritischen Zustand. Russland streitet jegliche Verantwortung für den Anschlag ab.

Großbritannien beschuldigt schon länger Russland, hinter der Attacke zu stehen. "Russland hat eine schamlose und rücksichtslose Attacke gegen Großbritannien verübt", sagte Premierministerin Theresa May in Brüssel. Dies sei "Teil eines Musters russischer Aggression gegen Europa und seine Nachbarn". Laut der litauischen Staatschefin Dalia Grybauskaite hat May auf dem Gipfel neue Informationen vorgelegt und damit die Haltung der übrigen Regierungschefs beeinflusst. "Das waren sehr gute, vertrauenswürdige Informationen", sagte Grybauskaite.

Bundeskanzlerin Angel Merkel traf sich am Rande des Gipfels mit May und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und ließ danach erklären, alle drei seien sich einig, es sei wichtig, "eine starke gemeinsame Botschaft der Europäer an Russland zu senden". Sie hält dabei auch weitere Maßnahmen für möglich. "Wir sind entschlossen", sagte sie am frühen Freitagmorgen. Zunächst müsse die Bewertung durch die mit der Untersuchung beauftragte Chemiewaffenorganisation abgewartet werden.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warb trotz der Spannungen mit Moskau dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Die Europäische Union müsse sich mit ihren Nachbarn ins Benehmen setzen, ohne eigene Werte aufzugeben oder Prinzipien zu verraten, sagte er.

Der neue russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, hat scharf auf die Erklärung des EU-Gipfels zum Giftanschlag reagiert. "So eine Sprache ist inakzeptabel", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Netschajew bekräftigte Russlands Angebot, bei der Aufklärung des Giftanschlags von Salisbury mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. "Aber wir sind gegen Ultimaten und unbewiesene Verleumdungen, geprägt von unangemessenen Aussagen und Parallelen", sagte Netschajew.

(hebu/dpa/AFP)
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