Geiseldrama von Beslan 2004 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Russland

Straßburg · Das Geiseldrama in einer Grundschule in Beslan mit 331 Toten erschütterte 2004 die Welt. Jetzt wurde Russland wegen der blutigen Beendigung der Geiselnahme vom Europäischen Menschengerichtshof verurteilt.

Die Straßburger Richter gaben am Donnerstag 409 Klägern Recht - unter ihnen Überlebende und Angehörige von Opfern, die bei dem Einsatz der russischen Sicherheitskräfte damals getötet oder verletzt wurden. Ihnen muss Moskau nun Schmerzensgeld zwischen 5000 und 30.000 Euro zahlen - insgesamt etwa drei Millionen Euro.

Am 1. September 2004 hatte ein pro-tschetschenisches Kommando aus drei Dutzend Rebellen eine Grundschule in Beslan in der Kaukasusrepublik Nordossetien überfallen und rund 1200 Menschen mehrere Tage als Geiseln gehalten. Bei der Erstürmung der Schule durch russische Sicherheitskräfte zwei Tage später waren 331 Menschen getötet worden, unter ihnen 186 Kinder.

750 weitere Menschen wurden verletzt. Laut offizieller russischer Darstellung hatten die Rebellen vor der Erstürmung mehrere Sprengsätze gezündet. Augenzeugen berichteten hingegen, es seien Sprengsätze "außerhalb" der Schule gezündet wurden.

 Gedenken an die Opfer: Eine Frau 2006 vor einem improvisierten Mahnmal mit Fotos der Toten (Archivfoto).

Gedenken an die Opfer: Eine Frau 2006 vor einem improvisierten Mahnmal mit Fotos der Toten (Archivfoto).

Foto: dpa

Die Beschwerdeführer werfen Russland vor, trotz des bekannten Risikos den Ansturm auf die Schule angeordnet zu haben. Der Einsatz sei zudem weder sorgfältig vorbereitet noch ausreichend kontrolliert worden. Damit habe es der russische Staat versäumt, das Leben der Geiseln zu schützen. Außerdem kritisieren die Kläger die Ermittlungen über die Verantwortlichen des Militäreinsatzes als unzureichend.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) räumte zwar ein, Russland habe angesichts der unnachgiebigen Haltung der Geiselnehmer vor einer schwierigen Entscheidung gestanden. Die bei der Erstürmung der Schule angewandte Gewalt sei jedoch "unverhältnismäßig" gewesen.

Bei der Vorbereitung und der Kontrolle des Einsatzes habe es zudem "schwere Versäumnisse" gegeben. Das Urteil wurde von den sieben Richtern einer kleinen Kammer gefällt.

Russland kann dagegen binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen Kammer verweisen, er muss dies aber nicht tun.

(kess/AFP)
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