Grenze zum Gazastreifen Sieben Tote und 1000 verletzte Palästinenser in Israel

Jerusalem · Die Gewalt in Israel eskaliert: Bei neuen massiven Protesten an der Grenze zum Gazastreifen sind am Freitag mindestens sieben Palästinenser getötet und mehr als 1000 weitere verletzt worden. Darunter auch Frauen und Kinder.

 Ein palästinensischer Protestler in Hebron gibt einem brennenden Reifen einen Tritt.

Ein palästinensischer Protestler in Hebron gibt einem brennenden Reifen einen Tritt.

Foto: afp, HB

Ein Sprecher der palästinensischen Gesundheitsbehörde teilte mit, unter den Toten sei auch ein 16-Jähriger. Etwa ein Drittel der Verletzten erlitten den Angaben zufolge Schussverletzungen, viele andere klagten über Beschwerden nach dem Einsatz von Tränengas. Auch palästinensische Journalisten sollen unter den Verletzten sein.

Insgesamt kamen beim schlimmsten Ausbruch der Gewalt seit 2014 seit Karfreitag mindestens 29 Palästinenser ums Leben, mehr als 2500 wurden verletzt. Israelische Soldaten schossen nach Armeeangaben gezielt auf palästinensische Rädelsführer. Viele der Getöteten waren nach israelischen Angaben militante Palästinenser.

Nach Angaben der israelischen Armee waren am Freitag rund 20.000 Palästinenser an Protesten und Ausschreitungen entlang der Grenze beteiligt. Sie verbrannten Autoreifen und schleuderten Steine in Richtung Israel. Dichter schwarzer Rauch stieg an zahlreichen Orten auf. Die israelische Armee setzte nach eigenen Angaben Wasserwerfer zum Löschen der Brände und einen riesigen Ventilator gegen die Rauchschwaden ein, die auf die israelische Seite zogen.

Die radikalislamische Hamas hatte vor einer Woche den "Marsch der Rückkehr" gestartet, insgesamt sollen die Proteste sechs Wochen andauern. Anlass ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels. Die Palästinenser sehen sie als Katastrophe an, weil 1948 Hunderttausende Palästinenser fliehen mussten oder vertrieben wurden. Sie pochen auf ein "Recht auf Rückkehr". Israel lehnt dies ab.

Mit dem Verbrennen Tausender Reifen erzeugten die Palästinenser an mehreren Orten eine "Rauchwand". Ziel war es, Scharfschützen auf der israelischen Seite der Grenze die Sicht zu erschweren. Nach Angaben der Armee gab es mehrere Versuche, den Grenzzaun zu beschädigen und im Schutz des Rauchs die Grenze zu überqueren. Es seien auch Sprengsätze und Brandflaschen geworfen worden.

Israels Armee erklärte das Grenzgebiet zum Gazastreifen zum militärischen Sperrgebiet. Die Truppen setzten Mittel zur Bekämpfung von Unruhen ein, hieß es in der Mitteilung. Schüsse würden gemäß klarer Einsatzregeln abgefeuert. Israels Militär werde nicht zulassen, dass der Grenzzaun beschädigt wird.

Die palästinensischen Aktivisten trugen beim Verbrennen der Autoreifen einen Mundschutz. Israel hat vor schweren Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Aktion gewarnt.

Reifen enthalten Kautschuk, Metalle, Schwefelverbindungen und andere Stoffe, die beim Verbrennen gesundheitsschädliche Substanzen bilden.
So entstünden etwa Feinstaub, Rußpartikel und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), erläuterte Joachim Wuttke vom Umweltbundesamt. Viele PAK seien krebserregend. "Der Feinstaub kann zudem andere Schadstoffe wie Schwefeldioxid mit in die Lunge transportieren, was dann Verätzungen hervorrufen kann", sagte Wuttke - so etwas sei auch beim Londoner Smog 1952 geschehen.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Beteiligten Zurückhaltung. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC)
äußerte sich besorgt über die hohen Opferzahlen. Rund 2300 Palästinenser sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde seit Karfreitag verletzt worden, viele durch Tränengas. Das UN-Menschenrechtsbüro teilte mit, es gebe "starke Hinweise" darauf, dass die israelischen Sicherheitskräfte übertriebene Gewalt eingesetzt hätten. Guterres forderte eine Untersuchung.

Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Sie bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan.

(felt)
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