Rückschlag für Hollande Frankreichs Verfassungsrat stoppt Reichen-Steuer

Paris · Herbe Schlappe für Frankreichs Präsident: Das höchste Gericht des Landes hat die umstrittene 75-Prozent-Steuer für Spitzenverdiener gekippt.

Diese Wahlversprechen hat Francois Hollande eingelöst
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Foto: dpa, Julien Warnand

Der französische Verfassungsrat hat einen der zentralen Steuerbeschlüsse der Pariser Linksregierung gekippt. Das höchste Verfassungsgremium erklärte am Samstag den Höchststeuersatz von 75 Prozent für Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro für nicht verfassungskonform. Der sozialistische Präsident François Hollande, der die Reichensteuer im Wahlkampf versprochen hatte, reagierte nach Angaben seines Umfelds "gelassen".

Der Verfassungsrat bemängelte, dass die Reichensteuer auf dem Einkommen einzelner Personen basiere; üblicherweise werde aber das Einkommen von Haushalten als Grundlage für die Einkommensteuer genommen. Ein Haushalt, in dem jedes Mitglied pro Jahr 900.000 Euro verdiene, wäre demnach von der neuen Steuer ausgeschlossen. Dagegen werde ein Haushalt dann mit dem Höchstsatz besteuert, wenn eines seiner Mitglieder ein Jahreseinkommen von beispielsweise 1,2 Millionen Euro habe. Dieses Verfahren widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.

Ayraul: Haushalt steht nicht in Frage

Regierungschef Jean-Marc Ayrault kündigte unmittelbar nach der Entscheidung neue Regelungen an, welche der Entscheidung des Verfassungsrats Rechnung tragen würden. Zugleich betonte Ayrault, die Entscheidung stelle die geplante Sanierung des französischen Haushalts nicht in Frage. Überdies habe der Verfassungsrat die "Wiedereinführung der Vermögensteuer" nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Die Reichensteuer, die Hollande Ende Februar angekündigt hatte, war zunächst für zwei Jahre vorgesehen. Im Haushaltsplan für das Jahr 2013 wurde sie mit eingerechnet. Nach Angaben aus Regierungskreisen betraf der Höchststeuersatz ungefähr 1500 reiche Franzosen. Der Staat habe sich von der Maßnahme im kommenden Jahr "weniger als 500 Millionen Euro" Mehreinnahmen versprochen. Der gesamte französische Staatshaushalt für 2013 hat nach diesen Angaben ein Volumen von rund 300 Milliarden Euro.

Trotz der relativ geringen Auswirkungen auf den Haushalt galt die Reichensteuer als eines der Vorzeigeprojekte des im Mai gewählten sozialistischen Präsidenten. Die konservative Opposition und Wirtschaftsvertreter hatten die Maßnahme heftig kritisiert und vor der Abwanderung reicher Franzosen ins Ausland gewarnt. Neue Nahrung bekam der Streit, als der französische Filmstar Gérard Depardieu kürzlich ankündigte, er werde aus Steuergründen nach Belgien umziehen.

Angerufen wurde der Verfassungsrat von Abgeordneten und Senatoren der früheren konservativen Regierungspartei UMP. Der ehemalige Regierungschef François Fillon sah sich durch die Entscheidung der Verfassungsschützer bestätigt. Damit sei die "Steuerknüppel-Politik" Hollandes abgestraft worden, erklärte er.

Mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen im Umfang von knapp 37 Milliarden Euro will Frankreich das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken. Wirtschaftsexperten bezweifeln aber, dass das Staatsdefizit tatsächlich wie von Brüssel verlangt auf drei Prozent gesenkt werden kann. Sie sagen unter anderem negative Effekte der Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen auf das Wirtschaftswachstum voraus.

(AFP/felt/das)
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