Eskalation im Fall Skripal Kreml nennt Beschuldigung von Putin "schockierend und unverzeihlich"

Moskau · Der diplomatische Streit um den vergifteten Ex-Spion Sergej Skripal eskaliert: Russland hat mit Empörung auf den Vorwurf des britischen Außenministers Boris Johnson reagiert, Präsident Wladimir Putin persönlich sei in den Giftanschlag in Großbritannien verwickelt.

 Der getötete Ex-Spion Sergej Skripal vor einem russischen Gericht.

Der getötete Ex-Spion Sergej Skripal vor einem russischen Gericht.

Foto: rtr, EI/BSP

Jegliche Anspielung auf den Präsidenten in diesem Zusammenhang sei "schockierend und unverzeihlich", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag laut russischen Nachrichtenagenturen. Der Kreml kündigte erneut Vergeltung als Reaktion auf die von London verhängten Sanktionen an.

Johnson brachte den russischen Präsidenten direkt mit dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal in Großbritannien am 4. März in Verbindung. "Wir halten es für überaus wahrscheinlich, dass es seine Entscheidung war", sagte Johnson. Deswegen stünde London im Konflikt mit "Putins Kreml". Peskow wies dies zurück und wiederholte stattdessen, dass "Russland nichts mit dieser Geschichte zu tun hat".

Russland sieht sich nach dem Giftanschlag auf Skripal und dessen Tochter im britischen Salisbury wachsendem internationalen Druck ausgesetzt. Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA machen Moskau für den Vorfall verantwortlich.

Die Bundesregierung bekräftigte am Freitag ihre Aufforderung an Russland, Transparenz herzustellen. Es sei der Bundesregierung wichtig gewesen, "sehr klar zu zeigen, dass wir in dieser Sache an der Seite Großbritanniens stehen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Russland will ebenfalls Diplomaten ausweisen

Russlands Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte, dass sein Land als Reaktion auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Großbritannien ebenfalls mit Ausweisungen reagieren werde. "Natürlich werden wir das machen", sagte Lawrow im kasachischen Astana. Kremlsprecher Peskow sagte, die Gegenmaßnahmen könnten "jede Minute" kommen. Ob Moskau noch vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag reagieren werde, ließ er jedoch offen.

London hatte am Mittwoch als Reaktion auf den Giftanschlag die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten beschlossen. Skripal und seine Tochter schweben nach dem Anschlag weiterhin in Lebensgefahr.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte derweil vor einer Isolierung Russlands. "Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg, wir wollen keinen neuen Rüstungswettlauf", sagte Stoltenberg dem britischen Sender BBC. "Russland ist unser Nachbar, deswegen müssen wir uns weiter für verbesserte Beziehungen zu Russland einsetzen." Stoltenberg wiederholte allerdings auch, dass er nicht an den Schlussfolgerungen der britischen Regierung in dem Fall zweifle.

Außenminister Johnson kündigte derweil in einem Gastbeitrag in der "FAZ" an, internationalen Fachleuten eine Untersuchung des bei dem Anschlag eingesetzten Nervengifts ermöglichen zu wollen. Polizei und Regierung würden daran arbeiten, der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) "die Möglichkeit zu geben, unsere Analyse von unabhängiger Seite zu überprüfen", schrieb Johnson.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies unterdessen Forderungen nach einem Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland zurück. "Es geht jetzt aber nicht um den Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft, sondern es geht jetzt erst einmal darum, dass Aufklärung geschieht", sagte Merkel in Berlin.

(felt)
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