Präsidentschaftswahlkampf in den USA "Washington, du bist gefeuert"

Washington · Donald Trump, der Überraschungskandidat der Republikaner, surft gekonnt auf einer Protestwelle durch die USA. Was andere die Kandidatur gekostet hätte, beflügelt ihn nur weiter.

Donald Trump und Co. – Promis in der Politik
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Foto: ap

Donald Trump breitet die Arme aus wie ein Schauspieler, der sich nach gelungenem Auftritt feiern lässt. Die Rockklänge von R.E.M. sind verklungen, "It's The End Of The World As We Know It", er beugt sich so tief übers Rednerpult, dass seine Lippen das Mikrofon fast berühren. Und wettert gegen den Atomdeal mit Iran.

"Noch nie in meinem Leben habe ich ein dermaßen inkompetent ausverhandeltes Geschäft gesehen. Wir werden von sehr, sehr dummen Leuten regiert", ruft er. "Wo man hinschaut, verlieren wir. Nicht mal gegen den IS gewinnen wir, kaum zu glauben." Das aber, verspricht Trump, werde sich ändern, sobald er im Oval Office sitze. Nur fünf Minuten dauert die Rede auf dem Rasen vorm Kapitol, unter einem steinernen Balkon, auf dem alle vier Jahre der Präsident vereidigt wird. Der Immobilienmogul sagt eigentlich nichts, er reiht Slogans aneinander, die alle auf eines hinauslaufen: Er, der robuste Unternehmer, der sich auskennt in einer Welt, in der nur der Starke Respekt genießt, er, Donald J. Trump, wird mit harten Bandagen amerikanische Interessen durchsetzen. Er wird Amateuren, die von nichts eine Ahnung haben, zeigen, wie man chinesische Billigexporteure mit Zöllen von 25 Prozent in die Schranken weist und an der Grenze zu Mexiko nicht nur eine Mauer hochzieht, sondern die Mexikaner auch noch deren Bau bezahlen lässt.

Dass Trump mit keinem Satz erläutert, wie er das alles anzustellen gedenkt, stört Carol Skinner nicht. "Der Mann hat Mumm, das allein zählt", sagt die Vermögensberaterin aus Gaithersburg, einer Kleinstadt in Maryland. "Er lässt sich nicht kaufen." Ein Milliardär wie Trump, glaubt Skinner, sei niemandem etwas schuldig, er brauche auf keine Interessengruppe Rücksicht zu nehmen, auf keinen Lobbyisten zu hören. "Genau das, was wir brauchen. Wir brauchen einen Außenseiter, der den ganzen Laden da oben aufmischt."

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Foto: afp, mn/dec

Mit anklagender Geste zeigt Skinner auf die Kuppel des Kapitols, eine seit Monaten eingerüstete Baustelle, die einen Kongress symbolisiert, in dem Demokraten und Republikaner einander über weite Strecken blockieren. Was sie vom Politikbetrieb hält, lässt sich schon an ihrem T-Shirt ablesen. "Washington, du bist gefeuert", steht unter dem Konterfei Trumps, das in Stil und Farbwahl auffallend an die Hope-and-Change-Poster Barack Obamas aus dem Wahlkampf 2008 erinnert. "You're fired", so lautet der Spruch, mit dem Trump in seiner Reality-Show "The Apprentice" ungeeigneten Bewerbern den Stuhl vor die Tür setzte. Den rigorosen Ton mag auch Ed Hunter, ein Bauhandwerker, die Hose farbbefleckt. An ein fünf Meter hohes Klempnerrohr hat er ein Spruchband mit fünf Großbuchstaben geknüpft - TRUMP. "Keine Nuancen, immer klare Kante", lobt Hunter und wettert auf die politische Korrektheit, die überall Denkverbotsschilder aufstelle. Und auf Einwanderer, die ohne Papiere aus Mexiko kämen und den Charakter des Landes veränderten, bis sich Leute wie er, "Leute mit europäischen Wurzeln", in der Minderheit wiederfänden. Trump, der Mauer-Architekt, ist sein Mann.

Dass der 69-Jährige noch immer im Mittelpunkt steht, ist schon Überraschung genug. Als er im Juni die Kandidatenbühne betrat, spekulierten die meisten Experten nur darüber, wann er wieder aus dem Rampenlicht verschwinden würde, ob im Juli oder im August. Die Annahme hat sich als Irrtum erwiesen, nach aktuellen Umfragen im Vorwahlauftaktstaat Iowa führt der Unternehmer mit der blondierten Tolle die republikanische Kandidatenliste mit 29 Prozent an. Nicht einmal verbale Entgleisungen, die andere längst um ihre Hoffnungen gebracht hätten, haben seinen Höhenflug gestoppt.

Megyn Kelly, eine Moderatorin des Senders Fox News, die ihn mit früheren, abfälligen Aussagen über Frauen konfrontiert hatte, attackierte er auf übelste Macho-Art ("Blut kam aus ihr heraus... wo auch immer"). Über seine Rivalin Carly Fiorina, einst Chefin des Hightechkonzerns Hewlett-Packard, spottete er: "Guck dir dieses Gesicht an, würde das irgendjemand wählen?" Einen Journalisten des spanischsprachigen Senders Univision ließ er von einem Leibwächter aus dem Saal schubsen, als der eine Frage stellen wollte.

Donald Trump: Das ist der Unternehmer und Ex-Präsident
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Das ist Donald Trump

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Foto: AP/Andrew Harnik

Nichts davon scheint ihm zu schaden. Im Gegenteil. Vor Jahren plädierte Trump für eine Pflicht zur Krankenversicherung, die noch weiter gegangen wäre als die Gesundheitsreform, wie sie Obama durchs Parlament brachte. In vielerlei Hinsicht sei er wohl eher Demokrat als Republikaner, sagte er 2004 dem CNN-Moderator Wolf Blitzer, "die Wirtschaft scheint unter Demokraten einfach besser zu laufen". Anderen würde die konservative Basis einen Strick daraus drehen. Ihm nicht. Auch Ronald Reagan, sagen seine Anhänger, habe sich eine Zeit lang als Demokrat verstanden, bevor er ins republikanische Lager wechselte.

Auf der Wiese vorm Kapitol spricht Trump jetzt vom Siegen, nach seiner Schimpfkanonade will er so optimistisch klingen wie Reagan. Bald werde Amerika wieder Erstligatriumphe feiern, verkündet er. "Wir werden so oft gewinnen, dass ihr das Gewinnen irgendwann langweilig findet."

(RP)
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