Weitreichende Entlastungen geplant Das ist Trumps große Steuerreform

Washington · Nichts weniger als die größte Steuersenkung in der amerikanischen Geschichte: So präsentierte US-Finanzminister Mnuchin am Mittwochabend die Steuerreform der Regierung Trump. Doch was steckt dahinter?

Die US-Regierung von Präsident Donald Trump hat in Washington eines ihrer zentralen Wahlkampfversprechen eingelöst - und weitreichende Steuerreformpläne vorgestellt. Trump zufolge soll von den angekündigten Senkungen der Einkommens- und Unternehmenssteuersätze vor allem die Mittelschicht profitieren. Viele US-Kommentatoren kritisieren die Reformpläne jedoch heftig: Diese würden vor allem Unternehmen und Spitzenverdienern nutzen.

  • Steuerklassen: Statt wie bisher sieben soll es künftig nur noch drei Steuerklassen geben. Die Steuersätze sollen dann zehn, 25 und 35 Prozent betragen. Damit würde der Spitzensteuersatz um 4,6 Prozent gesenkt. Das Einkommensteuersystem soll so vereinfacht werden, dass die Steuererklärungen der Bürger künftig auf "eine große Postkarte" passen, sagte Finanzminister Steven Mnuchin dazu.
  • Mittelschicht: Entlastungen sind etwa bei Freibeträgen und der Kinderbetreuung geplant. So soll der Freibetrag für Ehepaare auf 24.000 Dollar verdoppelt werden. Außerdem sollen Familien für die Kinderbetreuung Steuern erlassen werden. Die Freibeträge für wohltätige Spenden und Hypothekenzinsen sollen erhalten bleiben.
  • Reiche: Neben der Senkung des Spitzensteuersatzes sollen Spitzenverdiener beispielsweise durch die Streichung der Erbschaftssteuer entlastet werden. Auch eine alternative Mindeststeuer, die bei sehr hohen Einkommen erhoben wird, soll wegfallen. Die zur Finanzierung von Barack Obamas Gesundheitssystem Medicare eingeführte 3,8-Prozent-Abgabe auf Investment-Einnahmen soll ebenfalls gestrichen werden.
  • Unternehmenssteuer: Hier steht die wohl radikalste Änderung an: Der Spitzensteuersatz soll von 35 auf 15 Prozent sinken.

Insgesamt laufen die Vorschläge damit auf die größte Veränderung im US-Steuerrecht seit knapp 30 Jahren hinaus. Die teils drastischen Steuersenkungen sollen Mnuchin zufolge hauptsächlich über höhere Einnahmen aus dem erhofften wirtschaftlichen Aufschwung finanziert werden. Das Haushaltsdefizit werde nicht weiter steigen.

Doch daran gibt es Zweifel - nicht nur von den oppositionellen Demokraten. So erklärte beispielsweise der Gemeinsame Steuerausschuss im Kongress, dass eine deutliche Senkung der Unternehmenssteuern das Defizit noch vergrößern würde. Auch bei den Republikanern herrscht Skepsis. Der Chef der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Paul Ryan, hatte etwa eine neue Steuer auf importierte Waren gefordert, um die Nachlässe finanzieren zu können. Diese ist jedoch offenbar vom Tisch.

Der Regierung stehen somit zähe Verhandlungen bevor. Bislang sind die Steuerpläne nämlich nicht mehr als Absichtserklärungen - über die Details wird Finanzminister Mnuchin zufolge in den kommenden Wochen mit den beiden Kongresskammern verhandelt werden. Ray Cohn, ehemaliger Investmentbanker und der wichtigste Wirtschaftsberater von US-Präsident Trump, gab sich bei der Vorstellung der Reform allerdings zuversichtlich: "Ich würde niemals gegen den Präsidenten wetten. Er wird dies für das amerikanische Volk erledigen."

Die Regierung präsentierte die Pläne vier Tage vor Erreichen der symbolisch wichtigen Marke der ersten 100 Tage von Trumps Präsidentschaft. In dieser Startphase ist Trump bisher nicht viel geglückt: Seine Einreiseverbote wurden von Richtern aufgehoben, die Finanzierung des Mauerbaus an der mexikanischen Grenze bleibt ungewiss, und für seine Gesundheitsreform bekam er keine Mehrheit im Repräsentantenhaus zustande.

Das soll mit der Steuerreform nun anders werden. Wie aus dem Weißen Haus verlautete, peilt Trump eine Verabschiedung der Reform im Herbst an. Finanzminister Mnuchin betonte zudem die Bedeutung der Reform für die US-Wirtschaft: Unternehmen würden nur deshalb Billionen von Dollar ins Ausland verlagern, weil die Besteuerung die "vielleicht komplizierteste und wettbewerbsschädlichste der Welt" sei.

Tatsächlich ist die bisherige Steuer von 35 Prozent etwa im Vergleich zu Deutschland, wo der Satz schon seit 2008 bei 15 Prozent liegt, sehr hoch. Allerdings gibt es im US-Steuerrecht schon jetzt zahlreiche Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher für Unternehmen, sodass effektiv oft viel weniger Steuern einbehalten werden.

In vielen US-Medien werden die Pläne der Trump-Regierung heftig kritisiert. So heißt es beispielsweise, die Reform komme vor allem reichen Personen, Familien und Unternehmen zugute. Für die Mittelschicht und niedrige Einkommen werde hingegen nichts getan. Finanzminister Mnuchin versicherte dagegen, dass der niedrigere Satz für Unternehmen kein Schlupfloch der Wohlhabenden zur Steuervermeidung sein werde. Zudem sollen diverse Steuervergünstigungen gestrichen werden, von denen vor allem Großverdiener profitierten.

Auch Ökonomen bezweifeln außerdem, dass der von der Regierung erwartete Konjunkturaufschwung eintreffen wird. Bei früheren Steuersenkungsprogrammen hätten sich solche Prognosen oft nicht erfüllt. Mnuchin hingegen ist sich sicher: "Es wird Billionen an zusätzlichen Einnahmen geben".

Dennoch kommentierte etwa die renommierte "New York Times", dass auch der Konzern des US-Präsidenten selbst von den Steuernachlässen für Unternehmen profitieren werde. Zudem enthalte das Konzept bislang keinen Verweis auf das versprochene milliardenschwere Infrastrukturprogramm. Bei Twitter kursierten zudem Fotos, die offenbar das Presse-Handout der Steuerpläne zeigen - auf einer Din A4-Seite zusammengefasst.

Auch die Börsen sind skeptisch. "Es ist schwer zu sagen, ob es gelingt", sagte etwa der Chefinvestor einer US-Privatbank. Der US-amerikanische Leitindex Dow Jones schloss nach der Ankündigung der Pläne um 0,1 Prozent im Minus.

Derweil will Trump seine eigenen Steuererklärungen weiter nicht offenlegen. Zu einem möglichen Interessenskonflikt angesichts der geplanten Steuerkürzungen für Unternehmen wollte sich Finanzminister Mnuchin nicht äußern. Ohne die Erklärungen ist nicht abzuschätzen, wie viele Steuern Trump selbst sparen wird. Die Veröffentlichung der Steuerdaten ist in den USA eine Tradition, an die sich vorige Präsidenten seit Jahrzehnten gehalten haben. Trump verweigert das mit der Begründung, seine Angaben würden von der Steuerbehörde geprüft.Mit Material aus den Agenturen

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