Flüchtlingskrise Merkels afrikanische Lehren

Addis Abeba · Drei Tage ist Angela Merkel quer durch Afrika getourt. Tausende Flugkilometer von Mali nach Niger nach Äthiopien.

 Angela Merkel beim Besuch einer nigerianischen Schule in Niamey.

Angela Merkel beim Besuch einer nigerianischen Schule in Niamey.

Foto: dpa, mkx lof

Roter Wüstensand tief unten vor den Kabinenfenstern. An den Straßen junge Männer auf Motorrädern, Händler und Hobbykicker. Brüchige Hütten, Präsidentenpaläste. Hoffnungen und anrührendes Leid. Und nun?

Mit ihrer Reise hat die Kanzlerin das Signal gesetzt, dass sich Deutschland in Zeiten der Flüchtlingskrise stärker für "unseren Nachbarkontinent" engagieren will. Dabei werden einige Lehren deutlich, wo Akzente liegen. Zurück in Berlin, geht die afrikanische Woche für die CDU-Politikerin auch noch weiter.

DAS DEUTSCHE INTERESSE: Zum Start ihrer Reise prägte Merkel einen programmatischen Satz, wie ihn Regierungschefs nicht alle Tage sagen: "Das Wohl Afrikas liegt im deutschen Interesse." Es klingt wie eine Ergänzung oder Erweiterung ihrer Maxime, dass es Deutschland nur gut gehen könne, wenn es Europa gut geht.

Dahinter steht die Erkenntnis, wachsende Fluchtbewegungen nicht länger auszublenden. Ignorieren, Distanz und Abschottung ließen das Problem ja nicht verschwinden. Dabei hat Deutschland bisher relativ wenig afrikanische Flüchtlinge.

SICHERHEIT IST DIE BASIS: In mehreren afrikanischen Staaten sind Terrorgruppen aktiv und bringen nicht nur Entwicklungshelfer in Gefahr. Sie destabilisieren ohnehin brüchige Strukturen. Dazu kommen Drogen-, Waffen- und Menschenschmuggel. "Sicherheit und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden", sagt Merkel.

Deutschland will daher mehr vom Beidem: Zum Beispiel Fahrzeuge als Unterstützung für die Armee in Niger — und zugleich frisches Geld für Arbeitsgelegenheiten als Alternativen zum Wirtschaftsfaktor Flüchtlings-Schleusungen.

BEDINGUNGEN FÜR MEHR GELD: Angesichts der Flüchtlingskrise in Europa sind die finanziellen Erwartungen afrikanischer Staaten nicht kleiner geworden. Nigers Präsident Mahamadou Issoufou forderte gleich einen großen "Marshallplan" für seinen Kontinent, wie er Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeholfen hat.

Merkel nahm das zum Anlass, auf Voraussetzungen für zusätzliche Mittel zu pochen. Klar müsse sein, dass Geld effizient eingesetzt wird. Und erst Kenntnisse vorhanden sind, damit Technik nicht verrostet. Menschenrechtsorganisationen warnen davor, mit Zahlungen undemokratische Regime zu stützen.

DIE ZEIT DRÄNGT: Grundlegende Veränderungen für sichere Ernährung, Bildung und wirtschaftliche Chancen sind "ein langer Weg", wie auch Merkel sagt. Anderes wie der Kampf gegen Schlepper oder zusätzliche Jobs sollte aber sehr wohl schneller möglich sein. Vor allem junge Leute müssten möglichst bald sehen, dass es aufwärts geht und ihre Heimat Perspektiven biete.

"Es ist ganz wichtig, dass die Länder Afrikas nicht die besten Köpfe verlieren", mahnt die Kanzlerin. Nach Abschluss ihrer Reise am Dienstag in Äthiopien kommt gleich schon doppelter Besuch aus Afrika nach Berlin — an diesem Mittwoch der Präsident des Tschad, und am Freitag der Präsident Nigerias.

(bur/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort