Laura Poitras Die geheimnisvolle Frau hinter der Snowden-Enthüllung

Berlin · Auf Bildern und in TV-Interviews wirkt die Dokumentarfilmerin Laura Poitras eher unscheinbar. Doch war sie eine der ersten Personen, an die sich Edward Snowden mit vertraulichen Informationen gewandt hat. Wer das weiß, versteht warum Poitras bisher nicht die Öffentlichkeit gesucht hat.

 Das ist Laura Poitras, Regisseurin des Films "Citizenfour".

Das ist Laura Poitras, Regisseurin des Films "Citizenfour".

Foto: dpa, ped cdt

Am 6. November startet in den deutschen Kinos Laura Poitras' Dokumentarfilm "Citizenfour". Der Titel ist eine Anspielung auf das Pseudonym von Edward Snowden, unter dem er Laura Poitras im Januar 2013 das erste Mal kontaktierte. Teil des Films sind auch Ausschnitte aus den ersten E-Mails, die Snowden an die Dokumentarfilmerin schrieb. Der Inhalt der E-Mails verrät nicht nur viel darüber, wie Edward Snowden die Enthüllung brisanter Dokumente plante, sondern auch, warum er sich an Poitras wandte.

Poitras ist keine Agentin und handelt doch im Geheimen

Die E-Mails, die "Citizenfour" Anfang 2013 an Laura Poitras schreibt, lesen sich wie die geheimen Nachrichten, die sonst Filmhelden wie James Bond oder Ethan Hunt ("Mission Impossible") erhalten, nur mit dem Unterschied, dass Poitras keine trainierte Agentin mit Geheimwaffen und einem unerschöpflichen Budget ist. Sie lebt zu dieser Zeit in Berlin, fühlt sich sicher. "Citizenfour" schreibt ihr, dass sie von nun an bei jedem Telefonat, jedem Einkauf und bei jeder Grenzkontrolle überwacht werde. Trotzdem folgt sie den Anweisungen des anonymen Schreibers, verschlüsselt ihre E-Mails, nennt nicht ihren vollen Namen und wartet geduldig auf Informationen.

Erste Nachfragen hat sie dann aber doch: Warum hat der mutmaßliche "Whistleblower" ausgerechnet mich ausgesucht? Warum will er mir seine Geheimnisse anvertrauen?

Snowden beantwortet Laura Poitras diese Fragen. Nicht er habe sie ausgesucht, sie habe sich selbst ausgesucht. Was Snowden damit meint, erklärt ein Blick auf Poitras' Vergangenheit. Als Snowden sie das erste Mal kontaktiert, weiß sie schon genau, wie sie vertrauliche Informationen sichert und ihre Kommunikation verschlüsselt. Spätestens seit sie beim "Sundance Filmfestival 2010" eine kurze Dokumentation über das Gefangenenlager Guantanamo vorgestellt hat, steht sie im Fokus der Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste der USA. Dokumente der Enthüllungsplattform Wikileaks belegen, dass Laura Poitras ein Thema für die Geheimdienste war. In einem Interview mit dem ZDF sagte Poitras sogar, dass sie bereits seit 2006 überwacht worden sei.

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Foto: dpa, Jens Büttner

Die etwas andere Snowden-Vertraute

Dass Laura Poitras sich früh mit ihrer eigenen Überwachung auseinandergesetzt hat, unterscheidet sie von anderen Journalisten und Aktivisten, die sich mit Edward Snowden beschäftigten und Kontakt zu ihm hatten. Glenn Greenwald, der ehemalige Mitarbeiter der Tageszeitung "The Guardian", soll sich lange Zeit geweigert haben, die Kommunikation mit Edward Snowden zu verschlüsseln. Dabei wusste auch Greenwald, dass er überwacht wird. Snowden schrieb Poitras daraufhin, dass sie so wenig Informationen wie möglich mit Greenwald teilen solle. Greenwald stilisierte sich nach den ersten Enthüllungen als Snowden-Vertrauter, nutzte kontinuierlich den "Guardian", um immer neue Berichte über die umfassende Überwachung durch den US-Auslandsgeheimdienst NSA zu veröffentlichen. Grundlage waren die Dokumente die Edward Snowden gesammelt und bereitgestellt hatte.

Warum Snowden überhaupt an die Öffentlichkeit ging

Während Glenn Greenwald hauptsächlich einzelne Aspekte der Überwachung aufdeckte, versucht Laura Poitras in ihrem Film aufzuzeigen, welche Motivation hinter Edward Snowdens Veröffentlichung von geheimen Dokumenten über die NSA steht. Auch hier spielen die E-Mails zwischen Poitras und Snowden eine zentrale Rolle. Edward Snowden schreibt in einer der Mails, dass die Überwachung durch die NSA nicht nur eine Gefahr sei, sondern dass es in Zeiten von schneller Kommunikation eine größere Chance gebe, diese Machenschaften aufzudecken.

Snowden schreibt jedoch nicht nur philosophisch über das Thema Überwachung, es gibt auch Passagen in den ersten E-Mails, in denen er konkrete Vorgänge anspricht. Da ist der ehemalige NSA-Chef, der den US-Kongress belügt. Da sind Telekommunikationsunternehmen, die wissentlich Daten ihrer Kunden weitergeben. Und da ist Snowdens Wissen um das eigene Schicksal, voraussichtlich nicht mehr frei in den USA leben zu können. Auch Poitras fühlte sich in den USA nicht sicher, arbeitete lange Zeit von Berlin aus. Über Berlin ging wohl auch die Reise von Greenwald und Poitras zu dem Treffen mit Edward Snowden in Hongkong im Mai 2013.

(ac)
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